Sylphen und andere Luftgeister – Zweiter Teil

von Shalima  


Schottische Elfen

Die schottischen Elfen heißen Doane Shi. Sie sind vom Wesen her ein gutes Völkchen, das von den Engeln abstammen soll. Sie wurden jedoch verstoßen, weil sie sich vom Teufel verführen ließen. [1] Die Elfen Schottlands werden als sehr schön und klein beschrieben. Sie haben eine zierliche Gestalt, glänzende Augen, die Zähne und die Körperfarbe ist elfenbeinartig. Und sie tragen dunkelbraune, lockige Haare. Ihre Kleidung ist grün, manchmal auch braun.

Sie leben in Höhlen oder in Schluchten. Ihre Wohnungen ähneln Steinhaufen oder Erdhügeln, da sie sehr unregelmäßig sind. Auch sind Türen, Fenster und Rauchfänge vor dem menschlichen Auge gut versteckt. Nur in der Nacht weist ein glänzendes Licht darauf hin, dass sie bewohnt sind. In der schottischen Grafschaft Pertshire leben sie auch in runden Grashügeln. Bei Mondlicht kann man die Elfen tanzen sehen. Meistens sieht der Mensch aber nur ihre Spuren. Diese sind gelb und ab und zu eingetreten, manchmal auch dunkelgrün. Die Elfen tanzen und spielen dazu eine wunderschöne Musik. Trotzdem sollen sie neidisch auf das Glück der Menschen sein. So sind sie zwar vom Wesen her gut, aber ab und zu doch etwas neidisch und griesgrämig.  

Menschen können ab und zu in die Wohnungen der Elfen gelangen. So gibt es aus Pertshire die Überlieferung, dass jemand, der am Heiligen Abend neun Mal um einen Elfenhügel geht, eine Türe finden wird, durch die er hinein kommen kann.

Es gibt Sagen über Menschen, die von den Elfen durch Tanz und Musik angelockt werden und dann freiwillig bei ihnen bleiben. Außerhalb des Elfenbereichs vergeht die Zeit schneller, während es den Menschen, die sich in der Gewalt der Elfen befinden, erscheint, als würden erst einige Stunden vergangen sein. Will man jemand aus der Gewalt der Elfen befreien, so muss dies laut den Überlieferungen nach einem Jahr und einem Tag geschehen oder kann nur am Heiligen Abend passieren, wenn die Elfen ihren Zug abhalten. Isst der Mensch jedoch nur ein bisschen von den Speisen, die ihm die Elfen geben, so muss er auf ewig bei ihnen bleiben.

Andere Überlieferungen berichten, dass jemand, der von den Elfen gefangen gehalten wird, nach sieben Jahren zu den Menschen zurückkehren darf. Allerdings verschwindet er nach sieben Jahren wieder und wird dann nicht mehr gesehen. Andere Legenden besagen, dass die Elfen einen Menschen nach sieben Jahren dem Teufel opfern.


Die Legende von der Frau eines Pächters

Die Frau eines Pächters in der Stadt Lothian wurde von den Elfen gefangen gehalten, durfte aber jeden Sonntag für ein paar Stunden nach Hause. Sie kämmte ihren Kindern die Haare und erzählte dabei ihren Mann, wie er sie wieder bekommen könnte, sagte ihm aber, er müsse sehr mutig sein. Der Mann wartete am Heiligen Abend auf den Zug der Elfen. Als dieser jedoch auftauchte und fürchterliche, geisterhafte Laute zu ihm herüber drangen, verließ den Mann der Mut. Als der letzte Reiter des gespenstischen Zuges vorbei geritten war, brach der gesamte Zug in Lachen und Jubel aus. Inmitten dieser Stimmen erkannte der Pächter jedoch die seiner Frau, die weinte, da sie nun nie mehr zurückkehren durfte.


Geschickte Elfen

Elfen sind handwerklich sehr begabt – sie können schneidern, weben und Schuhe machen. Auch darüber gibt es verschiedene Sagen. Eine handelt von einem Weber, der in der Nacht von einem Geräusch geweckt wurde. Er schaute nach und sah einige Elfen, die sich seiner Geräte bedienten. Sie machten aus Wolle ein feines Tuch. Als es Morgen wurde, zogen die Elfen wieder ab. Beim Weber bedankten sie sich nicht für die unfreiwillige Gastfreundschaft.

Einige Überlieferungen berichten von den wundersamen Bauwerken des Michael Scott (Baumeister um 1290), die er mit der Hilfe von Feen gebaut haben soll.



Nachbarschaft mit den Elfen

Da die Elfen ihre Wohnungen auch ab und zu in der Nähe der Menschen haben, sind die Menschen natürlich daran interessiert, mit ihnen gut auszukommen. So kommt alles Flüssige, das die Menschen auf den Boden schütten, den Elfen zu Gute. Sie kommen auch öfter und borgen von den Menschen bestimmte Dinge. Die Menschen nennen sie dann gute Nachbarn, die dafür sorgen, dass es der Familie gut geht und helfen ihnen.

So gibt es die Legende von einem Pächter in Strathsprey, der von einer Elfe als Geschenk erhielt, dass er immer genug Kornsamen haben werde, um seine Äcker zu bepflanzen. Als der das jedoch seiner Frau erzählte, konnte diese ihren Mund nicht halten und erzählte diese wundersame Begebenheit herum. Deshalb wurde dieser Zauber gebrochen.


Boshaftigkeit der Elfen

Die Elfen stehlen den Menschen gerne Dinge – dabei verwenden sie allerlei Tricks, verwandeln sich beispielsweise einen Wirbelwind oder sie lassen etwas in Flammen aufgehen.

So erzählt eine Legende von einer Elfenfrau, die im schottischen Craig-ail-naic wohnte. Diese kam zu einer Pächtersfrau und bat sie um Mehl, das sie ihr bald zurückgeben werde. Die Pächtersfrau hatte Angst und gab ihr das Gewünschte. Dann forderte sie die Elfenfrau auf, ihr zu folgen. Als sie nun vor den Toren der Stadt auf einem Hügel waren, gab die Elfin der Frau das Mehl zurück und erklärte, sie habe nun das, auf was die gewartet habe. Die Pächtersfrau nimmt ihr Mehl und geht zurück. Wenige Minuten später sieht sie, wie der Kornboden eines benachbarten Gutes in Flammen aufgeht.

Vielen Legenden nach sollen die Elfen auch Kinder stehlen und ihre eigenen dafür in die Wiege legen. Will eine Mutter ihr Kind vor den Elfen schützen, so soll sie den Kopf des Kindes herunter hängen lassen, wenn sie es am Morgen ankleidet. Bindet man dem Kind einen roten Faden oder ein Kreuz um den Hals so schützt auch das. Wurde das Kind hingegen schon ausgetauscht, kann man es wieder erhalten, wenn man den Wechselbalg an die Stelle legt, wo drei Länder oder drei Flüsse zusammen kommen – und zwar noch vor Einbruch der Dunkelheit. In der Nacht bringen die Elfen dann das echte Kind wieder und nehmen den Wechselbalg mit.

An der Ostküste von Schottland gibt es auch einen Brauch gegen Wechselbälger: Man schneidet bei zunehmenden Mond im März Eichen- und Efeuzweige ab und flechtet daraus Kränze, die bis zum nächsten Herbst aufbewahrt werden. Wenn das Kind abmagert oder zusammen bricht, lässt man es drei Mal durch diesen Kranz gehen.

Genau so wie den Wassermännern wird auch den Elfen nachgesagt, dass sie Frauen stehlen sollen, die kurz vor der Geburt stehen.


Elfen töten Tiere und Menschen

Mit einem Elfenkeil oder auch Elfbolt genannt, töten die Elfen Menschen und Tiere. Dies ist ein Zauberpfeil, dessen Keil häufig die Form eines Herzens besitzt. Die Keile sind gelblich und hart und von unterschiedlicher Größe. Wen die Elfen mit dieser Waffe berühren, der muss sterben. Und die Elfen treffen fast immer. Der Mensch oder das Tier fällt augenblicklich tot zu Boden. Ein anderer Mensch kann den Keil in dem Körper nicht entdecken, wenn er nicht die Fähigkeit besitzt. Findet man ihn, dann muss man ihn ganz vorsichtig entfernen und aufbewahren – denn wer den Keil besitzt, dem können die Elfengeschosse nichts anhaben.

Auch die rohen Streit-Äxte aus Metall wurden von Elfen gemacht. Hört man genau hin, kann man die Elfen damit in den Felsen hämmern hören. Oft lassen sich in Flussbetten auch abgerundete Steine finden – diese dienen den Elfen als Becher und als Schüsseln.


Das Elfstier und elfische Tiere

Werden an Herbsttagen die Tiere von der Weide gebracht, so passiert es oft, dass diese wie verrückt herumlaufen und brüllen, obwohl es keinen Grund dafür gibt. Wenn jedoch der Mensch durch ein Elfastloch sieht oder durch die Wunde, die ein Elfenkeil durch die Haut eines getöteten Tieres gemacht hat, so kann er das Elfstier sehen, das sich mit dem Leitbullen streitet. Das Elfstier soll klein sein, mausgrau, hat gestutzte Ohren, korkartige Hörner und kurze Beine. Es ist an Flussufern zu finden und frisst in der Nacht grünes Korn. Wer das Elfstier einmal gesehen hat, wird auf dem Auge, mit dem er es gesehen hat, erblinden.

Aus Schottland gibt es eine Sage aus dem 13. Jahrhundert: Hier schlich sich eine Kuh von der Herde weg und trieb es mit einem Elfstier, von dem sie dann auch ein Junges bekam. Die Kuh selbst stirbt bei der Geburt, weil das Kalb so groß ist. Eine alte blinde Frau, die in ihrer Jugend hellsichtig war, warnt die Leute, als sie das Kalb brüllen hört. Sie sagt, man solle das Kalb gleich töten, weil es ein Elfstier ist. Die Menschen schlagen die Warnungen auf Grund der Schönheit des Tieres natürlich in den Wind. Das Kalb wird rasch größer und tötet im vierten Jahr mit seinen Hörnen den Bauern.

Von den Färöer-Inseln und Island stammt die Überlieferung, dass die großen und fetten Kühe und Schafe der Elfen unsichtbar in der Viehherde weiden. In Deutschland kennt man eine blaue Kuh, die die Menschen vor Feinden warnte und ihnen Verstecke zeigte.

In Schweden wiederum lässt die Meerfrau ihre schneeweißen Kühe zum Weiden an den Strand.


Die Brownies

Der Brownie scheint auch zur Gattung der Elfen zu gehören. Von der Gestalt her wird er als mager und zottig, aber auch als schlank beschrieben. Der Name stammt von seiner Farbe ab. Er ist der Diener seines Herrn, arbeitet Tag und Nacht und hilft ihm – und das alles für ein altes Kleidungsstück und ein wenig Nahrung. Bei jeder anderen Art von Entgelt soll der Brownie auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Er bleibt bei der Familie, so lange noch einer der Familienmitglieder am Leben ist. In der Nacht schläft er am Feuer.

Eine Legende erzählt, dass ein Brownie einer vor der Geburt stehenden Frau das Leben rettete. Die Familie benötigte dringend die Hebamme, doch der Knecht, der sie holen sollte, ließ sich Zeit. So warf sich der Brownie das Gewand des Knechts über und ritt wie der Teufel, um die alte Frau zu holen. Dem Knecht jedoch, der zu der Zeit, als der Brownie mit der Hebamme wieder zurück gekehrt war, gerade dabei war, sich seine Stiefel anzuziehen, versetzte er ein paar Schläge mit dessen eigener Peitsche. Aus Dankbarkeit ließ ihm der Hausherr ein grünes, neues Kleid nähen. Der Brownie nahm das Geschenk und verschwand.


Irische Elfen

Von den weiblichen Elfen berichten schottische, irische, dänische und schwedische Legenden, dass sie sehr reizvoll und verführerisch aussehen, vergleichbar mit der Schönheit eines Menschen. Sagen aus Schottland oder Wales beschreiben die Elfe als schönes, nicht sehr altes Kind. Vom Aussehen her ist es sehr zart und besitzt feine Glieder. Die Elfen besitzen laut den schottischen und walisischen Legenden alle lange Haare.

In den Noten zur „Lady of the Lake“ schreibt der schottische Schriftsteller Sir Walter Scott (15. August 1771 in Edinburgh, gest. 21. September 1832 in Abbotsford) von einem Zwerg mit roten Haaren. Auch wird die schwedische Waldfrau als klein mit blonden, lockigen Haaren beschrieben. Selbst die Elfen der deutschen Sagen tragen blonde Locken.

Der "Cluricaun" (1862) aus T.C. Croker
"Fairy Legends and Traditions of the South of Ireland"
 

  

Das Kämmen der Haare kommt in verschiedenen Überlieferungen vor, beispielsweise bei beim Huldevolk – das sind die Elfen auf den Faröer-Inseln oder bei den Huldrer, wie die norwegischen Elfen genannt werden. Und wie schon in vorangegangenen Berichten über die Elementarwesen erwähnt, ist das Kämmen der Haare auch eine Eigenheit der Wasserfrauen.

Während die himmlischen Elfen als schönes Völkchen beschrieben werden, gibt es darüber hinaus auch noch die Dunkel- und Schwarzelfen, die hässlich aussehen sollen.

So gibt es zum Beispiel den Cluricaun aus der irischen Mythologie, ein enger Verwandter des Leprechaun, der ein Troll oder auch Kobold ist. Der irische Schriftsteller Thomas Crofton Croker behauptete in seinen 1825 erschienen „Fairy Tales and Traditions of the South of Ireland“, dass der Cluricaun in Wirklichkeit von „Luacharma'n“ abgeleitet ist, was wiederum Zwerg bedeutet. „Cluricaun“ heißen heute viele irische Pubs.

 


Verschiedenheit der Elfen

Wie schon im ersten Teil der Sylphen erwähnt, tauchen die ersten Elfen in der Edda auf, die für die Elfen Gegensätze von hell und dunkel nennt. Während die dunklen Elfen von der Edda mit dem Namen „alfr“ mit den Zwergen gleich gesetzt werden, sind die Lichtelfen wunderschön und fast durchsichtig.

Auch in vielen deutschen Legenden finden sich die Elfen als wunderschöne Jungfrauen wieder, die sich nur so lange im Tageslicht zeigen dürfen, so lange die Sonne am Himmel steht. Die Erdelfen haben eine dunkle Hautfarbe und sind auch nur in der Nacht zu sehen. Wenn sie in die Sonne kommen, werden sie von dieser zu Stein verwandelt.

Eine Mischung aus beiden ist der Elberich, der im Nibelungenlied mit norwegischem Namen „wildez getwerc“ heißt. Er lebt in Berghöhlen, ist aber körperlich und auch geistig den Menschen überlegen. Wenn er aber eine Beziehung zu den Menschen aufbaut, werden auch seine Bedürfnisse menschlicher. Vom Charakter her ist der Elberich einerseits hilfsbedürftig, andererseits schimmert immer wieder seine Überlegenheit durch. 

Selbst im Wasser sind die Elfen laut vieler Legenden zu finden – was auf eine Vermischung mit den Nixen hindeutet. So können die Nixen manchmal auch über dem Wasser schweben – eine Eigenschaft, die wiederum den Elfen zugesprochen wird.

In vielen schottischen und dänischen Überlieferungen werden die Elfen als Weggefährten des Teufels beschrieben. Dennoch gibt es auch viele Zwerge, die christlichen Glauben angenommen haben, sogar helfen, Heiden zu taufen. So schreibt der Historiker und Archivar Franz Josef Mone (geb. 12. Mai 1796 in Mingolfsheim, gest. 12. März 1871 in Karlsruhe) seinem Otnit (der nichts anderes als der Elberich ist) christliche Eigenschaften zu. Auch in deutschen Sagen finden sich zuweilen diese christlichen Zwerge.



Elfen und deren Beziehung zu den Menschen

Wie auch die Nixen und Wassermänner lieben es die Elfen, die Menschen ab und zu zu ärgern. Im Großen und Ganzen sind die Elfen jedoch hilfsbereit den Menschen gegenüber. Das ist die Überlieferung der meisten irischen Sagen.

Trotzdem gibt es noch eine andere Sichtweise: So glaubte man in Wales, dass alleine der Anblick der Elfen einen Menschen töten könne oder zumindest gefährlich sei. Thomas Bourke erwähnt in seinen „The confessions of Tom Bourke“ (erschienen Ende des 19. Jahrhunderts), dass ein Mensch vom Anblick einer Elfe hohes Fieber bekommen oder sogar wahnsinnig werden könne. Walter Scott (1771 bis 1832) schreibt in seiner „Lady of the Lake“, dass ein Junge, der einen Zwerg gesehen hatte, krank wurde und noch innerhalb eines Jahres starb. Auch der Zug der Elfen soll gefährlich sein: Von diesem soll sich der Mensch fern halten und nicht hinsehen. Sieht man einen Elfen durch ein Astloch, erblindet man auf diesem Auge.

Bei dem schon erwähnten Elfenpfeil reicht die bloße Berührung und der Mensch stirbt. Es gibt eine Sage von der Insel Man, nach der sich ein junger Mann dem Kuss einer Elfe entzogen hat. Sie berührte ihn darauf hin mit ihrem Pfeil. Der junge Mann empfand plötzlich große Angst und starb innerhalb von sieben Tagen.

Selbst der Atem der Elfen ist gefährlich, soll doch ein Mensch nach irischen und schottischen Sagen, Beulen und Krankheiten bekommen, wenn ihn eine Elfe anhaucht. In Norwegen wird ein Mensch vom so genannten Elfenfeuer, auch Alv-Gust oder Alvild befallen, wenn er an einen Ort kommt, wo eine Elfe uriniert oder auch gekotzt hat.  In den Sagen haucht der preußische Elf das Auge eines Menschen an, der schottische Elf speit in das Auge. Das Ergebnis ist immer dasselbe: Das Auge erblindet. Der dänische Elf reißt das Auge sogar heraus.

Wenn ein Mensch von den Elfen Essen und Getränke annimmt oder auch nur berührt, kann er nach den schottischen Überlieferungen nicht mehr in sein Leben zurück. Wer für die Elfen gearbeitet hat und von dem Geld, das sie ihm hinwerfen, mehr nimmt als ihm zusteht, muss bei ihnen bleiben oder ist seines Lebens nicht mehr sicher. Gelingt es einem Menschen nach einem Aufenthalt bei den Elfen zu fliehen oder wenn sie ihn gehen lassen, heißt es in den norwegischen Überlieferungen, dass dieser Mensch auf immer wahnsinnig oder geistesgestört (elbisch) sein wird. Daher dachten die Menschen früher auch, dass schwachsinnige Leute mit Elfen oder anderen unsichtbaren Wesen reden könnten.

Elfen mögen kleine Kinder, Jungen oder schöne Frauen. Diese bringen sie dann mit Gewalt in ihre Gefangenschaft. So nehmen unsichtbare Hände der Mutter ihr Kind weg oder die Nixen rauben die Kinder, indem sie sie ins Wasser ziehen. Die Elfen wenden aber auch List an: Sie versprechen den Menschen Geschenke oder locken sie durch Musik oder Tanz. Aus Wales gibt es den Aberglauben, dass die Elfen ihren Opfern das Leben aussaugen, um dadurch wieder selber jung zu werden. Natürlich gibt es auch in den irischen Sagen den Glauben, dass die Elfen ihr eigenes Kind gegen ein Fremdes eintauschen, also die Wechselbalg-Geschichte.

Menschen sollen nach ihrem Tod den Elfen gehören. Daher feiern diese den Tod eines Menschen mit einem rauschenden Fest. Nach den irischen Überlieferungen soll man auch Elfen auf dem Wasser tanzen sehen, bevor ein Kind ertrinkt.


Wie leben die Elfen?

Der Überlieferung nach leben sie in großen Gruppen zusammen. Manchmal unter einem König oder einer Königin, manchmal aber auch ohne ein Oberhaupt. In Irland und England haben Elfen eine Königin, in Wales und in Schweden werden sie von einem König regiert, in Schottland hingegen gibt es gar keine Führung. Am kompliziertesten ist das System in Island: Dort lebt der Elfenkönig in Norwegen und die Elfen werden von einem Stadthalter geleitet, der alle zwei Jahre zum König reist, um ihm zu berichten.

 

Die Elfen feiern zwei Feste – das eine, wenn die Sonne am Höchsten steht (Mittsommer), das andere, wenn sie am Tiefsten ist. An Weihnachten veranstalten die Elfen um Mitternacht einen grausigen Umzug. Die Sagen berichten, dass sie grün angezogen sind und auf ihren Pferden und unter furchterregendem Geschrei durch die Wälder und Wiesen reiten. Auch berichteten die Menschen, dass man den Klang ihrer Hörner meilenweit hören konnte. Dieser Zug wird das „wütende Heer“ genannt.            

Für den Menschen ist es nicht nur gefährlich, diesen Zug zu sehen, ihm zu folgen kann tödlich sein.

In der Nacht tanzen die Elfen - bis zum Morgengrauen. Dies sieht man in Schottland, Skandinavien und auch in Norddeutschland durch kleine, feine Elfenkreise, die morgens im Gras zu sehen sind. Auf der Insel Mann konnte man der Überlieferung nach diese kleinen feinen Fußspuren ab und zu auch im Schnee erkennen.  

Bei den Festen der Elfen darf die Musik nicht fehlen. So pfeift auch zum Beispiel der Cluricaun bei der Arbeit. In Norwegen machen die Elfen durch eine traurige Musik auf sich aufmerksam, die auch Huldre slaat genannt wird. In Irland und Schottland ist die Musik der Elfen jede Nacht aus den großen Hügeln zu hören. Auf der dänischen Insel Seeland (die größte Ostseeinsel) und auch in Südschweden sollen die Elfen ein Stück spielen, zu dem jeder, der es hört – selbst leblose Dinge – tanzen muss.


Charakter der Elfen

Der Charakter der Elfen ist unterschiedlich: Manchmal zeigen sie sich hilfsbereit und gut, dann wiederum boshaft und wollen den Menschen schaden. Von der Beschreibung der Überlieferungen her sind die Elfen mit Vorsicht zu genießen, da der Mensch bei ihnen niemals sicher sein kann, wie er dran ist.

Sie ärgern und verspotten den Menschen gerne – damit wollen sie ihm aber keinen Schaden zufügen. So nehmen die Elfen in Norwegen den Menschen ihr Werkzeug weg und bringen es unter lautem Gelächter wieder. Der Zwergenkönig Laurin, dessen Reich südlich von Bozen ist, überrascht die Menschen, die ihm in den Berg folgen, mit plötzlicher Dunkelheit.

Besonders gerne werfen die Elfen mit kleinen Steinchen nach den Menschen.

Obwohl die Elfen die Menschen gerne necken, vertragen sie es nicht, wenn sie selbst das Ziel von Streichen sind oder ausgelacht werden.

Wenn die Elfen sich einmal zu den Menschen hingezogen fühlen, sind sie diesen auch treu. Sie fordern aber vom Menschen die selbe Treue und werden böse, wenn er dieses Wort nicht hält. Wenn sie bei einer Familie leben, sind sie dieser treu ergeben.

Die größte Treue erweist jedoch die irische Banshee einer Familie. Sie verkündet den nahenden Tod eines Familienmitgliedes durch lautes Klagen. Die Banshee wird als Frau mit langen, weißen Haaren beschrieben. Sie erscheint in der Nähe des Hauses oder am Fenster vor dem Zimmer in dem der Kranke liegt, schlägt die Hände zusammen und weint. Sie trägt einen weiten Mantel und der Kopf soll von einem Schleier bedeckt sein.

Angeblich soll die Stimme der Banshee jeden, der sie hört, sofort töten können. Sie wird jedoch auch als tröstend beschrieben.

Aus Tirol und Niedersachsen gibt es die Sage von der weißen Frau, die der Banshee ähnlich sehen soll. In Schottland gibt es die bean-nighe. Diese Dame klagt nicht am Fenster des sterbenden Menschen, wäscht dafür am Fluss die Totenhemden. Laut der Überlieferung besitzt sie nur ein Nasenloch und hervorstehende Zähne.

Zwerge und Elfen stehlen auch gerne Dinge von den Menschen, besonders Lebensmittel. Sagen erzählen zum Beispiel von einem dänischen Trold, der Bier stehlen wollte. Als er dabei überrascht wurde, ist er geflohen und hat seinen Kupferkessel stehen gelassen. Auch der Däumling, der eigentlich ein kleiner Elf ist, stiehlt gerne. So stiehlt er dem Oger, einem menschenfressenden Wesen, die Siebenmeilenstiefel.


Elfen und ihr Zauber

Allgemein können sich Elfen sich unsichtbar machen. So besitzt der Elberich eine Nebelkappe, mit der er sich unsichtbar machen kann. Elfen sind auch unheimlich schnell. Sie können weit springen und Raum und Zeit überwinden. So heißt es vom Cluricaun, dass er durch alle Schlüssellöcher gehen kann. Eine andere Sage erzählt, dass eine irische Elfenkönigin von einem Berg zum anderen innerhalb von drei Stunden springen kann. Elfen besitzen jedoch nicht nur übernatürliche Kenntnisse, sondern teilen diese auch den Menschen mit.

Sie können auch die Zukunft vorhersagen. So warnen sie den Menschen vor einem bevorstehenden Unglück. Eine Sage erzählt darüber, dass die Bergmännchen dreimal an die Wände des Stollens geklopft haben, um den Bergleuten den nahenden Tod zu verkünden.

Darüber hinaus sind Elfen in der Lage, jede Gestalt anzunehmen. Oft sind sie so groß wie die Menschen. Sie sind vom Aussehen her wunderschön und locken damit die Menschen.

Die Elfen besitzen viele Künste. Laut der Edda haben sie mehr Kunstfertigkeiten als die Götter selbst. Sie machen beispielsweise Odin sein zweischneidiges Schwert „Gugner“. Der Sage nach kommt auch der Schmied Wieland aus dem Gedicht des deutschen Übersetzers Karl Joseph Simrock (geb. 28. August 1802 in Bonn, gest. 18. Juli 1876 in Bonn) zu den Zwergen in die Lehre.  

 

Der Cluricaun versteht sich auf die Anfertigung von Schuhen. Auch die Wichtelmänner in deutschen Märchen beherrschen diese Arbeit: Sie machen das, was ein Schuster untertags zugeschneidert hat, in der Nacht fertig.


Kleidung der Elfen

Die Kleidung ist bei den nordischen und den serbischen Elfen sowie auch bei den Vilen (slawische, weibliche Wind- und Totengeister) weiß. Bei den Zwergen ist sie meistens grün oder moosfarben. Von den dänischen Färöer-Inseln und auch von Dänemark erzählen die Überlieferungen von einer grauen, manchmal auch grünen Kleidung. Elfen, die wiederum mit den Menschen in Kontakt stehen, haben bunte oder rote Rücke.

Wichtig bei der Bekleidung ist die Kappe oder Mütze. So sollen die norwegischen Elfen, die sonst ganz nackt sind, einen Hut auf dem Kopf tragen. Irische Elfen tragen die Blüten des Fingerhuts auf dem Kopf oder haben weiße, breite Hüte, die wie die Hüte von Pilzen aussehen. In Preußen haben sie spitze, aufgekrempelte Hüte. Die dänischen Hausgeister wechseln die Hüte: Im Sommer sind sie rund, ansonsten spitz. Auch in deutschen Sagen besitzen die Elfen Hüte. So kann zum Beispiel Siegfried in der Nibelungensage sein Reich durch eine Tarnkappe bekommen. Auch erzählen die deutschen Sagen von unsichtbaren Zwergen, die die Menschen so lange mit Ruten schlagen, bis diese ihnen die Tarnkappe oder den Hut vom Kopf schlagen konnten.

Der Hut hat eine wichtige Funktion, weil sich die Zwerge damit vor den Menschen verbergen können.


Nahrung der Elfen

Elfen ernähren sich allgemein von flüssiger, zarter Nahrung. Erst dann, wenn sie mit den Menschen in Verbindung stehen, wollen sie andere Nahrung. So ernähren sich irische Elfen von Tautropfen und süßer Milch. Davon, dass die Elfen eine Schale Milch erhalten, erzählen deutsche und walisische Sagen. Elfen mögen aber auch kleine Brotbröckchen, Käse oder Weißbrot. In Preußen bekamen sie Bier und Brot.


Die Stimme und Sprache der Elfen

Laut der Edda haben die Elfen eine eigene Sprache, die sich von denen der Götter, Menschen und Riesen unterscheidet. Elfen sprechen leise, es ist mehr ein Wispern wie die Luft. Aus Irland hingegen gibt es eine Sage, die von einem hässlichen, alten Elfen berichtete, dessen Stimme beim Reden schnarrt. Ein Wechselbalg spricht nicht, er schreit und heult und seine Stimme ist mit der eines alten Mannes vergleichbar. Auch Waldgeister schreien. Und die serbischen Vilen sollen eine Stimme besitzen, die mit der eines Spechts vergleichbar ist.


Der Glaube an Elfen  

 

Der Glaube an die Elfen ist uralt. So schrieb zum Beispiel schon Cassanius, ein Geistlicher, der im 5. Jahrhundert in Marseille in Frankreich lebte, von den Elfen. Er beschreibt die, die von den Menschen Waldgeister genannt werden. Sie spielen und ärgern die Menschen. Und Cassanius kennt auch schon den Alb, der den Menschen die Luft abdrückt. Verschiedene Schriften aus dem 10. bis 12. Jahrhundert erwähnen auch die Hauswichtel, die die Menschen mit kleinen Pfeilen und Kinderspielsachen ärgern.

Der im 12. Jahrhundert lebende Rahewin war Schreiber und Notar des Bischofs Otto von Freising. Er schreibt, dass als die Kirche von Freising abbrannte, davor tagelang das Klopfen von Kobolden zu vernehmen war.


Die Elfen und der Teufel

Mit der Christianisierung wurde der Glaube an Elfen und Zwerge ad Absurdum geführt. Die Geistlichen setzten den Glauben an die Naturgeister mit dem Teufel gleich. Durch dieses Verdammen der kleinen Wesen hatte sich auch schließlich in der Bevölkerung an sich etwas geändert: Die Menschen mieden fortan die Elfen, weil es ihrer Ansicht nach eine Sünde war.

Die Kirche setzte die Elfen auch mit den Hexen in Verbindung: Und plötzlich deuteten die Spuren im Gras, wo man früher noch an Tänze von Elfen glaubte, auf hexisches Treiben hin. So tanzten plötzlich die Hexen in der Nacht auf Kreuzwegen, auf Wiesen oder im Wald. Der Elfenpfeil wurde zum Drudenschuss erklärt.

Und so wie der irische Cluricaun auf Binsen reiten konnte, so ritten die Hexen auf Stöcken oder auf Tieren durch die Lüfte. Wer von ihnen mitgenommen wurde oder unbemerkt mitritt, der fand tage- oder wochenlang nicht mehr nach Hause. Und natürlich wurde auch durch die Hexenprozesse ein unglaublicher Schaden für den alten Volksglauben angerichtet.


Die Elfen in den Fantasy-Romanen

„Herr der Ringe“ und „Harry Potter“ sind nur einige der Romane, in denen die Feen vorkommen. John Ronald Reuel Tolkien (geb. 3. Januar 1983 in Bloemfontstein, Südafrika, gest. 2. September 1973 in Bournemouth, England) veröffentlichte in den 60er Jahren den “Herr der Ringe”, sein Sohn Christopher bearbeitete nach dem Tod seines Vaters dessen angefangene Skripten und veröffentlichte ab 1977 das Werk „Silmarillion“ und von 1983 bis 1996 die „History of the Middle Earth“.

In letzterem Werk treten die Elben als menschenähnliche Wesen auf, die in der Welt „Mittelerde“ leben. Sie sind auch nicht unsterblich, zeichnen sich jedoch durch Weisheit und Schönheit aus. Sind die Elben erst einmal erwachsen, werden sie nicht älter. Erkrankungen sind in der Elfenwelt unbekannt. Elben können jedoch ermordet werden – ihre Seele bleibt dann immer mit der Mittelerde verhaftet. Ihre Kultur haben die Menschen von diesem Völkchen, das schon lange vor den Menschen in Mittelerde lebte. Besonderen Wert legte der Autor dabei auf die Sprache seiner Elben, die er detailliert ausarbeitete.

Tolkien nennt zwei Gruppen von Elben: Einerseits die Eldar, die vor Jahrhunderten in den Westen zogen und die Avari, die bei den Menschen blieben. Bei den Eldar existieren drei Stämme – die Yanyar, die Noldor und die Teleri. Auch die Teleri sind wiederum in einige Gruppen unterteilt, wobei die Nandor und die Sindar sich dem Rest ihres Volkes nicht anschlossen und in Mittelerde blieben. Auch die Noldor kehrten nach Mittelerde zurück. Hier fügt Tolkien zu den Licht- und den Dunkelelben noch eine dritte Gruppe, jene der Grauelben hinzu. Das sind die Elben, die die Wanderung in den Westen zwar begonnen, aber nicht beendet haben.

Tolkien hatte eine Abneigung gegen das Wort „Elfen“, weil er die Vorstellung als kleine Wesen, die auf den Blumen sitzen, die in der Neuzeit aufkam, nicht mochte. Daher bat er die Übersetzerin im Deutschen statt dessen die Wörter „Elben“, „Alben“ oder „Alpe“ zu verwenden. Seine Geschichten sind an Elemente aus verschiedenen Mythologien geknüpft – beispielsweise an die nordische – lehnen sich aber auch an christliche und philosophische Vorstellungen an.


Elfen in der moderneren Literatur

Die Elfen, die in der moderneren Literatur auftauchen, sind gute, friedliche Wesen nach dem Stoff Tolkiens. Andererseits gibt es auch die Dunkelelfen oder Alben, die das Gegenteil darstellen. Diese Elfen sind entweder böse geboren oder sind vom „guten Weg“ abgewichen. Als dritte Gruppe gibt es auch noch die neutralen Nachtelfen.

Bösartige Elfen finden sich zum Beispiel in Terry Pratchetts „Lords and Ladies“. Diese Sorte Elfen, die Pratchett beschreibt, sind ekelhaft und grausam.

In den meisten Fantasy-Erzählungen haben die Elfen spitze Ohren, sind von der Statur her zierlich und musizieren gerne. Der aus einer Beziehung zwischen Elfen und Menschen entstammende Nachwuchs wird als Halbelf bezeichnet. Ab und zu ziehen die Elfen auch mit anderen Völkern in den Krieg – beispielsweise mit den Zwergen oder Gnomen.

In J.K. Rowlings „Harry Potter“ kommt der Hauself vor, den sie als Abwandlung eines englischen Brownies beschreibt. Anders als diese Wichtel oder Gnome sind Hauselfen jedoch an den Willen ihrer Besitzer gebunden.


Die Elfenbeauftragte von Reykjavik

Sie heißt Erla Stefánsdóttir und ist heute 71 oder 72 Jahre alt. In Deutschland wurde sie durch einen Artikel der Frankfurter Rundschau im Jahr 1995. Erla Stefánsdóttir hat für die Tourismusabteilung der Stadt Reykjavik drei Elfenkarten gezeichnet. Hauptberuflich ist sie Klavierlehrerin, übt also kein offizielles Amt aus.

Nach eigenen Angaben besitzt sie seit ihrer Kindheit die Gabe, Elfen sehen zu können. Es gibt auf Island ungefähr 60 verschiedene Arten von Elfen, sagt die Frau, die von sich behauptet, ein Medium zu sein. Von der Größe her sind Elfen zwischen ein paar Millimetern und mehreren hundert Metern groß.

In Island gehören Steine oder Felsen, die von der Bevölkerung als „von Elfen bewohnt“ bezeichnet werden, zu den Kulturgütern. Der Glaube daran, dass in Hügeln oder Steinen die Elfen daheim sind, kommt aus Märchen. Wenn in der Nähe eines solchen Kulturgutes ein Bauvorhaben geplant ist, werden Erla Stefánsdóttir oder auch andere elfenkundige Menschen geholt, die dann ein Gutachten erstellen.

Álfastein (Elfenhügel) in Kópavogur bei Álfholsvegur 125. 
© Christian Bickel / Creative-Commons Lizenz

  

Darüber hinaus katalogisiert sie auch die Plätze der Gnomen, Trolle oder Lichtfeen. Daraus hat sie drei Elfenkarten gemacht. 2004 ist ein Buch über ihre Kenntnisse in isländischer Sprache erschienen, seit 2007 gibt es dieses Buch unter dem Titel „Lífssýn mín – Lebenseinsichten der isländischen Elfenbeauftragten“ auch in deutscher Sprache.  

Das bekannteste Beispiel, das auf eine Elfenwohnstätte hinweist, ist eine Straßenverengung zwischen Reykjavík und Kópavogur. Diese Straßenverengung wurde vor dem Haus 125 gebaut. Dort identifizierte Erla Stefánsdóttir einen Hügel als Behausung der Elfen. Einen anderen Fall gibt es in der Stadt Grundarfjörður: Dort gibt es das Haus Nummer 82 und das Haus Nummer 86 – auf Nummer 84 leben die Elfen.  

 


Die Feen

Der Name der Feen stammt von den römischen Schicksalsgöttinnen, den Fata oder Parzen[2], ab. Die Fata heißen lateinisch Fatua, italienisch Fata, auf Spanisch Hada und auf Französisch schließlich Fée. Die enge Verbindung der Feen mit dem Schicksal kommt daher, dass das lateinische Wort „fatua“, was Wahrsagerin bedeutet, von „fatum“ (Schicksal) abstammt. Doch es gibt noch ein anderes, aus dem Romanischen stammendes Wort, das sich auf die Feen zurückführen lässt: Fei, von dem sich Merfei oder Waldfei ableiten lässt. Auch „gefeit“ stammt von „fei“ ab, was sich wiederum auf die Unverwundbarkeit gegen den Zauber der Feen bezieht.

In der deutschen Poesie des Mittelalters tauchen die so genannten Feien oder Feinen auf, die wiederum mit den weißen Frauen und den Nornen verwandt sind. Im slawischen Raum heißen die Feen Vila, im keltischen sind es die Sidhe, die als Nachkommen der Tuatha de Danaan, der irischen Urbevölkerung, bezeichnet werden.

Eigenschaften der Feen

 

Zahlreiche Sagen, Legenden und Mythen, die es über die Feen gibt, erzählen darüber, dass die Feen meistens in Gruppen auftreten. Oft sind sie zu dritt, weniger oft zu siebent oder zu zwölft. Sie bestimmen das Schicksal der Neugeborenen (siehe Dornröschen), leben in den Schluchten von Felsen und können sich unsichtbar machen.

Vom Aussehen her sollen sie unglaublich schön und ewig jung sein. Sie haben immer gute Laune und sollen Glücksbringer sein. Sie tanzen sehr gerne, mit Vorliebe in Wäldern, an Quellen und in den Grotten der Felsen. Das haben die Feen im Übrigen auch mit den Nixen gemein. Der Mensch kann an den so genannten Feenringen (cercles des flées) erkennen, dass die Feen da waren. Darüber hinaus werden sie aber von den Menschen auch des öfteren entdeckt, wenn sie ihre Wäsche waschen.

Die verschiedenen Bezeichnungen der Schriftsteller für die Feen, wie etwa felices dominae, bonae mulieres oder dominae nocturnae, wurden später auch für andere Wesenheiten verschiedener Überlieferungen, beispielsweise auf jene der Wilden Frauen, angewandt.


Die Feen in der Literatur

Die Geschichten über die Feen sollen sich durch die Kreuzzüge zwischen dem 11. und 14. Jahrhundert entwickelt haben, als durch die Kultur der Perser und Araber mit den Gestalten von Peris (Elfen in der persischen Mythologie) und Dschinnen ins Abendland Einzug hielten. Einer der Vorläufer dieser Geschichten aus der Feenwelt war die Sage „Lancelot vom See“ aus dem 14. Jahrhundert, die von verschiedenen Autoren aufgegriffen und je nach Autor unterschiedlich erzählt wurde. Der Inhalt erzählt – mit einigen Veränderungen je nach Schriftsteller - von Lancelot, der als Kind von der Fee Vivianne geraubt und groß gezogen wird. Später wird er einer der Ritter der Tafelrunde von König Artus, verliebt sich jedoch in dessen Frau Gwenhwyfer und ist durch diese Liebe unwürdig, nach dem Heiligen Gral zu suchen.

Der Feenglaube wurden später im Roman „Huon de Bordeaux“ weiter ausgebaut. Dessen Vorlage verwendete wiederum Christoph Martin Wieland für seinen „Oberon“. Sogar ins christliche Rittertum hielten die Feen Einzug.  

 

  

Die Elfenkönigin Titania von Johann Heinrich Füssli, einem Schweizer Maler und Publizist (geb. 7. Februar 1741 in Zürich, gest. 16. April 1825 in Putney bei London). In England wurde er unter dem Namen Johann Fuseli bekannt.

Nach den damaligen Schriftstellern gab es drei Feenreiche: Da war einerseits Avalon, dann ein Feenreich im Inneren der Erde, das im altenglischen Roman „Orfeo und Heurodis“ am Besten beschrieben wird, sowie eines, das in den Wäldern liegen soll. Hier wird namentlich der Wald Brezilian in der Bretagne erwähnt. Dieser Wald spielt vor allem in der Artussage und bei „Parzival“ eine große Rolle, geschehen doch in ihm allerlei Wunder. Auch in alten Schlössern sollen Lieblingsplätze der Feen sein.

Der englische Dichter Edmund Spenser (1552 bis 1599 in London) läutete mit seinem Gedicht „The Faerie Queene“ eine Epoche der angelsächsischen Literatur, nämlich die englische Renaissance, ein. Er verwendete absichtlich eine altertümliche Sprache aus der er eine Dichtung machte, die eigentlich für die Königin Elisabeth I. gedacht war. In „The Faerie Queen“ wird der christliche Glaube mit der Artus-Sage verbunden. 1590 veröffentlichte er die ersten drei Bände, die anderen drei Bände folgten 1596.


Gute Fee, böse Fee

Während die Feen, wie sie Spenser beschreibt, anfangs noch ganz die guten, wohlwollenden Feen sind, spaltet sich im Verlauf des Werks ihr Charakter. So sind die jungen Feen, die er Esterelle, Maliure und Melusine nennt, ewig schön, jung und gut. Dann tauchen aber auch noch andere Feen auf, unter anderem Karabossa und  Fanferlüsch. Diese Feen waren böse und besaßen auch größere Macht. Auch das Schicksal der Feen, das keine Fee einen Zauber, den eine gewirkt hat, aufheben kann, findet sich hier zum ersten Mal. Später wird das in mehreren Sagen und Märchen fortgesetzt – zum Beispiel beim „Dornröschen“ der Gebrüder Grimm.


Der Stoff, aus dem die Feenmärchen sind

Besonders im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts entstanden in Europa verschiedene Feenmärchen, die vor allem in Frankreich sehr beliebt waren. Ihr Ursprung lag in den orientalischen Ländern. Und so waren sie auch vom Inhalt her eine Verbindung dieser orientalischen Sagen und realen Erlebnissen. Vor allem beim Adel Frankreichs fanden diese Feenmärchen sehr viel Anklang. Ein Beispiel ist „Die Schöne und das Biest“, das noch heute ein beliebtes Musical ist. Auch in die Alt-Wiener Volkskomödie hielten die Feenmärchen Einzug. Ferdinand Raimund (1. Juni 1790 in Wien, gest. 5. September 1836 in Pottenstein, Niederösterreich) verarbeitete diesen Stoff zu seinen bekannten Zauberpossen. Bekannte Werke sind „Der Diamant des Geisterkönigs“ (1824), „Das Märchen aus der Feenwelt oder der Bauer als Millionär“ (1826), „Der Alpenkönig und der Menschenfeind“ (1828) sowie „Der Verschwender“ (1834). Johann Nestroy (7. Dezember 1801 in Wien, gest. 25. Mai 1862 in Graz) führte das Erbe Raimunds fort und machte aus den Feenmärchen realistisch-satirisches Volkstheater oder Phantasiekomödien. Auch Johann Strauß Sohn (geb. 25. Oktober 1825 in Wien, gest. 3. Juni 1899 in Wien) komponierte 1866 ein „Feenmärchen“.

In Frankreich waren es vor allem der französische Schriftsteller Charles Perrault (12. Januar 1628 in Paris, gest. 16. Mai 1703 in Paris), der mit seinem Märchen „Contes da la mère l’Oye“ (1697), die „Contes de fèes“ (1698) und die französische Schrifstellerin Marie-Catherine d’Aulnoy (1650 in Barneville-la-Bertran, gest. 1705 in Paris), die beim Publikum sehr beliebt waren. Dadurch kam Antoine Galland (4. April 1646 in Rollot, Picardie, gest. 19. Februar 1715 in Paris) auf die Idee, die orientalische Märchensammlung „Tausendundeine Nacht“ ins Französische zu übersetzen. Die Dichtungsgattung selbst fand in der Regel jede Menge Nachahmer, wobei die besten Feenmärchen in 41 Bänden im „Cabinet des fées“ (1785 bis 1789) gesammelt sind. Natürlich gab es auch Gegner dieser Dichtungsgattung – der bekannteste Opportunist war Nicolas Boileau (1. November 1636 in Paris, gest. 13. März 1711 in Paris) mit seinen Schülern.

In Deutschland verfasste Christoph Martin Wieland die Sammlung „Dschinnistan“ (1786 bis 1789). Sie enthält 19 Märchen, von denen zwölf von Wieland selbst geschrieben wurden, vier weitere stammen von seinen Freunden.  

Schließlich war die Gesellschaft jedoch von dieser Erzählgattung übersättigt und die Feen wurden in die Kinderbücher verbannt.  

  

Während sie in den Märchen der Gebrüder Grimm nun ab und zu auftauchen, spielen sie zum Beispiel bei Charles Perraults „Cinderella“ , in E.T.A. Hoffmanns „Klein Zaches, genannt Zinnober“ (24. Januar 1776 in Königsberg, gest. 25. Juni 1822 in Berlin) oder bei Carlo Collodi „Pinocchio“ (24. November 1826 in Florenz, gest. 26. Oktober 1890 in Florenz) vor. Während die Feen bei Hoffmann vom Landesherrn ins Nonnenkloster geschickt werden, spielen sie wiederum bei Pinocchio eine entscheidende Rolle, hängt doch das Glück des kleinen Holzmannes entscheidend von der Fee ab. Auch dem Kasperl von Otfried Preußler (20. Oktober 1923 in Reichenberg, Böhmen) glückt die Erlösung einer verzauberten Fee.


Die Wilden Weiber  

Das ist eine eigene Kategorie von Wesenheiten, die vor allem die Gebirge der Schweiz bis Kärnten bewohnen. Laut den Gebrüder Grimm sollen sie am ehesten den Elben, Wichteln und Zwergen ähneln. Es sind niedere Geschöpfe, die in verwandtschaftlichen Beziehungen leben – also als Mann, Frau und Kind. Kommen sie einzeln vor, ähneln die Männer Riesen, die Frauen gleichen jedoch Göttinnen. Je nach Ort haben sie auch verschiedene Namen: So kommen sie im deutschen Volksglauben im Mittelgebirge nach den Rüttel- oder Rittelweibern, in Mitteldeutschland, Franken und Bayern sind die als Holz- oder Moosleute bekannt, im Böhmerwald und der Oberpfalz als Holz- oder Moosfräulein, im Harz den Moos oder- Holzweiblein, um Halle herum heißen sie Lohjungfern und in Westfalen Buschweiblein. In den Alpen nennt man sie Norglein, Nörglein, Nörkel oder Örggeler.

Vom Wesen her sind die Wilden Weiber unberechenbar. In einigen Sagen werden sie als gutmütig beschrieben, dann aber wieder als böse. Darin tritt auch die Angst zutage, die die Menschen früher vor dem Wald hatten. So rächen sich die Wilden Weiber an denjenigen, die sie verspotten oder fürchten.[3] Die kleinen Wilden Weiber kann man schnell versöhnen, die großen jedoch sind unberechenbar und können den Menschen aus lauter Wut sogar zerreißen. Die riesigen Wilden Weiber leben überwiegend in Tirol. Sie sind hässlich, stark, haben Stoßzähne wie ein Tier, schwarze, rußige Haare, sind am ganzen Körper behaart, haben lange Nägel und eine kräftige, raue Stimme. Sie haben auch eigene Tiere, wie zum Beispiel einen schwarzen Stier. Und sie tragen einen eigenen Stock, beispielweise eine ausgerissene Tanne mit Wurzeln, eine Eisenstange oder eine Keule.

Die Wildfrau unterscheidet sich vom Wilden Mann nur wenig – eines ihrer Kennzeichen sind jedoch die Hängebrüste. Die Wilden Weiber können aber auch wunderschön sein, mit dichten, hellen Haaren und einer angenehmen Stimme. Sie sind nackt, reiben gegen die Kälte mit Fett (Hexenschmalz) ein oder tragen Fuchsfälle.


[1] W. Grant Stewart “The popular superstitions and festive amusements of the Highlanders of Scotland”, Edinburgh“ 1823

[2] Parzen, lateinisch auch Parcae genannt, spinnen das Schicksal der Menschen. Eine Göttin spinnt den Faden, die zweite trennt ihn auf und die dritte schneidet ihn ab. Die Namen der Parzen sind Nona, Decima oder Decuma und Morta. In der germanischen Mythologie heißen sie Nornen, in der griechischen Moiren und in der slawischen Mythologie Zorya.  

[3] Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, S. 28931, (vgl. HWA Bd. 9N, S. 970)