Undinen, Nixen, Wassermänner – Zweiter Teil

von Shalima  


Wassermänner in verschiedenen Sagen[1]

In den Sagen und Mythen besitzt der Wassermann ein menschliches Erscheinungsbild – nur selten wird überliefert, dass er einen Fischleib besitzt.

Er soll klein sein, wie ein kleines Kind, von der Größe her wie ein Kind im Alter von drei, fünf, sechs oder zwölf Jahren. Nur ab und zu wird er als erwachsener Mann bezeichnet oder auch als riesengroß. Andere Überlieferungen beschreiben den Wassermann als alt und buckelig. Seine Augen sollen hell und funkelnd sein. Schaut ihm eine Frau in die Augen, wird sie krank und stirbt bald darauf. Andere Legenden sprechen davon, dass seine Augen schön, bläulich, rot, grün, oder Smaragdrot sein sollen. 

Der Mund hingegen soll groß sein, die Zähne spitz wie Fischzähne[2]. Die Ohren sind abstehend. In anderen Sagen heißt es, er trage den Kopf verkehrt herum. Nur ab und zu wird sein Gesichtsausdruck als freundlich beschrieben, öfter heißt es, er sei hässlich, finster und tückisch. Er besitzt lange, zottige Haare, die sehr oft als grün, weniger oft blond beschrieben werden. In den Haaren stecken Wasserpflanzen oder er hat statt der Haare Schilfblätter. Er hat auch einen Bart, der lang und gekraust ist, in Nord-Böhmen kann dieser dem Alter des Trägers entsprechend auch weiß sein. In Westfalen glaubte man, der Wassermann sei am ganzen Körper behaart wie ein Ziegenbock und die Kinder gleichen Haarklumpen. Die Hände des Wassermanns sind weich und eiskalt, in einigen Überlieferungen trägt er Krallen, hat Finger, die jenen von Karotten bzw. Mohrrüben gleichen oder sie sehen aus wie Froschfüße.

In Polen und Tschechien hat der Wassermann mitunter Pferdefüße. Auch in den Sagen der Gebrüder Grimm taucht ein Wassermann auf, der seine Beine verdeckt.

In einigen Sagen ist der Wassermann nackt und hat dann einen grünen Körper, zum größten Teil ist er jedoch bekleidet. Seine Kleidung wird am häufigsten als Grün oder Rot beschrieben, aber auch Grau oder Schwarz und nur ab und zu als Gelb, Weiß oder Braun.

Sie ist aus Stofffetzen zusammen gesetzt oder zerrissen. In der Oberpfalz erscheint er jungen Frauen, zu denen er sich hingezogen fühlt, in einem Hemd mit gläsernen Gürtel. Damit versteckt er die Fischschuppen auf seinem Rücken. In einigen Sagen trägt er einen Sack oder Korb auf dem Rücken. Er trägt auch eine Kappe oder Mütze auf dem Kopf, die häufig Grün, aber noch öfter Rot ist. Oft ist es eine Mütze, aber auch ein Hut wird erwähnt. Am leichtesten erkennt man einen Wassermann daran, dass er immer von Wasser umgeben ist – das heißt, es läuft ihm aus den Haaren, der linken Tasche seines Rockes, aus der linken Seite oder aus dem Saum seines Gewandes, der immer nass ist.

Im polnischen Schlesien erscheint der Wassermann als Junge, der ungefähr 18 Jahre alt ist. Seine Hautfarbe ist blass, er mit grasgrünen Wangen. Er besitzt Froschaugen, Pferdeohren, Schwimmhäute an Händen und Füßen oder auch Pferdefüße und –hufe. Der Wassermann geht seitwärts, um zu verhindern, dass man ihm ins Gesicht sieht. Aus dem linken Ohr, dem Ärmel oder der Mütze läuft Wasser. Er kann sich verwandeln, beispielsweise in eine Maus, einen Frosch, einen Hasen, einen Hund, ein Pferd, einen Ziegenbock, mitunter sogar in einen Baum, Stein, eine Puppe oder einen goldenen Wagen. 

Über die Nixe[2] ist bekannt, dass ihr Oberkörper dem eines Menschen gleicht, der Unterleib hingegen der eines Fisches oder einer Schlange ist. Nimmt sie mit den Menschen Kontakt auf, verwandelt sie sich auch in einen Menschen. In einigen Legenden heißt es auch, dass sie zu Mittag oder aber immer am siebenten Tag eine menschliche Gestalt hat.

Nur in deutschen Sagen, vereinzelt auch aus Schlesien wird überliefert, dass die Nixen klein, zum Teil auch winzig sind. Ihre Augen hingegen sollen groß und grauenhaft sein oder auch klein und wässrig. Sie haben aber auch Froschaugen sowie grüne Zähne. Die Haare sind gelb, blond, golden oder blauschwarz. Letzteres in Brandenburg. Die Haare sollen fast bodenlang sein. Auf dem Kopf tragen sie einen Schilfkranz.

Die meisten Überlieferungen sagen über die Nixen, dass sie unglaublich schön sind. In einigen ist der Körper aber auch meergrün oder blau, vereinzelt besitzen sie auch nur ein Nasenloch oder haben ein Gesicht, das dem eines Hundes gleicht. Die Kleidung der Nixen soll weiß, blau, rot, vereinzelt aber auch nur die Strümpfe rot sein.

Aus der Oberpfalz gibt es die Legende vom Wasserfräulein, deren Saum des Gewandes, die Schürze oder auch die vereinzelte Haare immer nass sind. Man erkennt sie daran, dass sie überall feine Wassertröpfchen zurück lässt.


Der Wassermann als Tier  

a) Der Wassermann als Pferd

Er tritt, wie schon erwähnt, am häufigsten in der Gestalt eines Pferdes in Erscheinung[4]. Wenn er sich in ein solches verwandelt hat, lässt er sich fangen, indem man ihm ein Halfter aus geweihter Erlenrinde umhängt. Gibt man ihm Wasser, verschwindet er. Das Pferd-Wassermann arbeitet doppelt so viel wie ein normales Pferd. Setzte man ihm auf dem Feld beim Eggen ein, verschwand er, sobald sich zwei Furchen kreuzten. Auch den Anblick eines Kreuzes hielt das Wassermann-Pferd nicht aus.

Wassermänner können sich in Schimmel oder Rappen verwandeln. Sie kommen in der Nacht aus dem Wasser, fressen Hirten, die sich ahnungslos am Ufer aufhalten oder führen Menschen, die es wagen, auf sie aufzusteigen, ins Wasser. Sie treiben auch Wagen hinein. Im Katholizismus gab es den Aberglauben, dass Menschen, die am Karfreitag nicht in die Kirche gingen, von den Wassermännern geholt würden.


b) Der Wassermann als Stier oder Kalb

Stiere, die aus dem Wasser kamen, finden sich in einigen Erzählungen.[5] So sollte in Serbien in jedem See ein Wassermann leben. Dem musste man Gold opfern, bevor man die Schafe gewaschen hat. Andererseits gibt es Erzählungen, in denen berichtet wird, dass sich der Wassermann immer zu Mittag einen Bullen geholt hat. Eine alte Schweizer Sage berichtet vom Kampf zweier Stiere, die aus dem See kamen.

Im Osten besitzt der Wassermann oft das Aussehen eines weißen Kalbes, in Schwaben hingegen das einer weißen Kuh. Aus dem Tal Domleschg im Schweizer Kanton Graubünden wird von einem Seeungeheuer berichtet, das einen riesigen Kuhbauch und tausende Augen besitzt. Kommt es aus dem Wasser, sind die Verwüstungen verheerend.


c) Der Wassermann als wildes Tier oder Haustier

Wassermänner verwandeln sich auch gerne in schwarze Böcke oder reiten auf ihnen.[6] Sie sollen auch als Böcke mit einer Kerze zwischen den Hörnern gesehen worden sein. Eine tschechische Sage berichtet von einem schwarzen Bock, der kranke Kühe durch Lecken wieder heilte und anschließend verschwand. Er hinterließ einen Wasserfleck, der nur durch Weihwasser beseitigt werden konnte.

Im polnischen Schlesien wird von Wassermännern berichtet, die sich in Schweine verwandelten.

Im Tiroler Lechtal wurde ein Wassermann gemieden, der in Gestalt eines zottigen Wasserhundes die Menschen heimsuchte. Auch in Nordthüringen und Schlesien erscheint der Wassermann als Hund.

Der Nickelkater wird in einer Sage aus Magdeburger Börde (eine Landschaft in Sachsen-Anhalt) erwähnt. Er lauert Kindern auf und zieht sie ins Wasser.

In der Gestalt eines Bären zeigt sich der Blutschink, der im See am Ausgang des Tiroler Panznauntales lebt.

Ein Wassermann ist auch der Hirsch, der auf dem Eis eines Klostersees auftaucht und so an ein fälliges Wasseropfer erinnert. Ebenso wie der Hase, der eine rote Blume besitzt und durch einen zugefrorenen Teich schwimmt.

Im Stechlin bei der Mecklenburger Seenplatte gibt es einen bösen Riesenhahn, der purpurrot ist. Auch in Mähren gibt es den Wassermann in Gestalt eines Huhns.


e) Der Wassermann als Wassertier

Hier sind Gänse, rote Enten, Frösche, Kröten und Molche überliefert. Auch von einem Otter wird berichtet, der Kinder ins Wasser zieht.

Es gibt die Sage von einem Fisch, der vom Wasser aus angerufen wird und antwortet. Fängt ihn ein Fischer, muss er ihn wieder zurück geben, da ihm sonst Unheil widerfahren wird. Dieser Fisch soll unheimlich groß sein und einen Menschenkopf haben. Überlieferungen aus Sachsen oder der Lausitz berichten, dass er keinen Schwanz hat.


f) Der Wassermann als Wasserpflanze

Die Pflanzen werden oft mit Nixen als mit den Wassermännern in Verbindung gebracht.[7] Noch heute gibt es Namen wie Nixenblume, Froschbiss, das Wassergras wird volkstümlich auch Nickelmannshaar genannt usw. In Schlesien sollen die Töchter des Wassermannes ihre Köpfe aus den Wasserlilien hervorstrecken und im Böhmerwald verwandelt sich der Wassermann in eine Teichrose oder Seelilie und fängt in dieser Gestalt seine Opfer.


g) Wassermänner und Irrlichter

Die Wassermänner werden auch mit den Irrlichtern in Verbindung gebracht.[8] Er zieht die Irrlichter an oder erscheint als Irrlicht, beispielsweise einem Fischer, der es wagt, am Karfreitag zu fischen. Am Bodensee soll ein Wassermann sein Unwesen treiben, der die Fischer neckt. Er becirct diese so lange, bis sie ihm ein Band oder ein Seil zuwerfen, das er dann anzündet und erklärt, er hätte, so lange das Band brennt, keine höllischen Qualen. Auch im Allgäu gibt es diese „feurigen Männer“. Selbst die Spinnerinnen überredet er, ihm einen Faden aus dem Fenster zu reichen. Ist dieser recht lang, so lacht er.


Wassermänner und ihre Familie

Aus verschiedensten Überlieferungen gibt es die Vorstellung, dass Wassermänner in Familien zusammen leben[9]. Die Erziehung des Wassermannes gegenüber seinen Töchtern ist streng. Die weiblichen Wassernixen sind immer in Dreiergrüppchen unterwegs und tanzen sehr gerne.

Den Sagen zufolge gelten die Wechselbälger, also die untergeschobenen Säuglinge, als Kinder der Wassermänner. Verschiedene Legenden berichten, dass Wassermänner mitunter auch Hebammen in die Tiefe ihrer Gewässer holen, damit sie ihrer Frau bei der Geburt beistehen. Nach der Entbindung werden sie vom Wassermann gefragt, wie viel sie dafür haben möchten. Die Hebamme darf nur so viel verlangen, wie ihr zusteht – verlangt sie mehr, kostet das ihr Leben. Der Wassermann befiehlt ihr, die Stube auszukehren und das Zusammengekehrte mitzunehmen. Ist sie wieder an der Wasseroberfläche angekommen, hält sie Gold in Händen. In einigen Sagen, schüttet die Frau den Staub auch weg und merkt zu spät, was sie weg geworfen hat. Statt des Kehrichts bekommt die Hebamme auch Stroh, Laub, einen Wunderknäuel oder einen Ring. In einer Sage aus dem Harz erhält die Hebamme das Versprechen, das in ihrem Heimatdorf niemals Feuer ausbrechen wird. In anderen Überlieferungen muss die Hebamme sofort nach dem Auftauchen eine Weidenrute ergreifen, damit der Wassermann ohnmächtig wird.

Vom Wassermann ist auch überliefert, dass er seine Kinder fressen soll. Dies wird durch eine Spindel, die auf dem Wasser schwimmt, angezeigt.

Das neu geborene Kind besitzt oft einen großen Kopf, eine gebogene Nase und wulstige Lippen.


Behausungen der Wassermänner

Sie sollen in Brunnen, Quellen, Wasserlöchern, Sümpfen, Bächen und Flüssen wohnen, aber auch in Seen und im Meer.

Die Wohnung in der der Wassermann mit seiner Familie lebt, wird oft als Palast geschildert, mit Gold und Edelsteinen geschmückt, aus anderen Sagen heißt es, dass die Wohnung eine Bauernstube ist oder ein grünes Haus. Näheres ist jedoch aus den Überlieferungen nicht zu erfahren. In einer Sage heißt es, dass er Boden mit Fischaugen gepflastert ist, ein anderes Mal, dass auf dem Tisch Essen gestanden hat, das verlockend aussah, aber tatsächlich aus Kröten und Schlangen bestand.[10]

In der Behausung selbst soll es kalt sein. Zur Wohnung führt eine Treppe, zu der der Wassermann einen Zugang öffnet, indem er mit der Rute ins Wasser schlägt. 


Beziehungen von Wassermännern und Menschen

Ehen zwischen Menschen und Nixen werden freiwillig eingegangen, während Wassermänner eine Ehe zu einer Menschenfrau nur unter Zwang erreichen können.

In einer Sage vom Wörthersee in Österreich heißt es, dass er jedes Jahr ein paar Mädchen in sein Kristallschloss holt.

Für das Ende der Sagen gibt es drei verschiedene Ausführungen: Das Mädchen wird beim Tanz entführt, der Wassermann wird abgewiesen oder das Mädchen stirbt früh, weil es doch Sehnsucht nach dem Wassermann hat.

Es gibt die österreichische Sage vom Donaufürsten, dessen Frau, einst eine Menschenfrau, jedes Mal einen Blumenstrauß über die Wasseroberfläche treiben lässt, wenn jemand ertrunken ist. [11]

Die Geschichte der meisten Sagen, in denen die Menschenfrau beim Wassermann bleibt, berichtet, dass er mit dieser sechs oder sieben Kinder zeugt. Einmal will sie aber wieder auf die Erde und zur Kirche gehen. Der Wassermann erlaubt es ihr, sagt aber, sie soll noch vor dem Segen die Kirche wieder verlassen. Natürlich tut sie es doch und wird dafür auf unterschiedliche Weise bestraft.

Eine oberpfälzische Sage berichtet, dass eine Schwangerschaft von Mädchen, die vom Wassermann geschwängert wurden, für die Menschen unbemerkt bleibt und der Nix das Kind nach der Geburt auch genau so unbemerkt wegnimmt. [12]

Wassernixen locken des öfteren ahnungslose junge Männer durch Musik und Gesang zu sich und ziehen sie ins Wasser hinab. Durch die Umarmungen holen sie sich Jugend und Schönheit. Natürlich sterben die jungen Männer und deren Leichen erscheinen am siebenten Tag am Ufer. Sie sind in feine Netze gewickelt und tragen eine Lilie in der Hand. Die meisten Sagen aber berichten, dass sie die jungen Männer in die Tiefe holen, um sie zu heiraten.

In den meisten Legenden ist der menschliche Jüngling bereits verheiratet oder lässt die Nixe auch im Stich. Beispielsweise in der Erzählung der Melusine, deren älteste Überlieferungen aus dem 12. Jahrhundert stammen. Melusine, eine Wasserfee, heiratet einen Menschenmann. Sie verlangt von ihm, dass er sie an einem bestimmten Tag nicht ansehen darf. An diesem Tag verwandelt sie sich in ihre ursprüngliche Gestalt zurück – der einer Wasserfee mit Schlangenkörper. Als er es dennoch tut, muss sie ihn verlassen.

Auch soll Dietrich von Bern, eine Sagenfigur des deutschen Hoch- und Spätmittelalters, soll eine Wasserfrau zur Mutter gehabt haben[13].


Wassermänner und Kinder

Die Wassermänner werden oft dafür verantwortlich gemacht, Kinder auszutauschen, so genannte Wechselbälger. Diese Kinder haben einen großen Kopf, der von alleine wächst. Sie lernen weder gehen noch sprechen, sind hässlich, behaart, schreien den ganzen Tag, haben Kalbsaugen, einen mageren und sehr bleichen Körper und krächzen wie Raben. Die Frauen merken es nicht sofort, weil das untergeschobene Kind dem echten eine Zeitlang sogar ähnlich sieht. Wassermänner trifft auch die Schuld, wenn Kinder tot auf die Welt kommen.

Der Austausch erfolgt kurz nach der Geburt oder wenn die Mutter mit dem Kind in der Nähe des Wassers ist. Dieser Kindestausch ist jedoch nur dann möglich, wenn das Kind noch nicht getauft ist, also innerhalb der ersten sechs Wochen oder dann, wenn Mutter und Kind fest schlafen. Auch Frauen, die eben erst geboren haben, sind vor Wassermännern nicht sicher. So sollen sie Frauen entführt haben, die alleine im Bett gelegen sind.[14]

Die Mutter hat auch die Möglichkeit, diesen Austausch zu verhindern, indem sie dem Kind, wenn sie zur Arbeit geht, ein Gesangbuch unter den Kopf legt oder einen Vogel im Zimmer hält. Damit hat der Wassermann keine Gewalt über das Kind. Eine andere Möglichkeit ist, die Türen in der Nacht mit einem Schurzband zuzubinden und das Kind nachts nicht alleine zu lassen. Auch soll man, wenn man einen Orant, eine so genannte frühchristliche betende Figur, im Garten aufstellt, die Entführung des Kindes verhindern können. Wenn die Mutter mutig ist, kann sie den Wassermann auch fortjagen – aber als Zeichen dafür bleiben dem Kind auf der Stirn vier rote Flecken. Auch wurde in einigen Legenden der Nix durch das Niesen des Neugeborenen oder den „Helf-Gott“-Ruf eines Bettlers noch verscheucht[15]. 

Man kann das Kind auch zurücktauschen – dafür schlägt man entweder mit der Rute oder mit einer Peitsche auf das untergeschobene Kind und spricht dazu „Nimm dir das deine und bring mir das meine“, dann bringt der Wassermann das echte Kind zurück. Jedoch gab es den Aberglauben, dass die Nixe dem eigenen Kind alles das antut, was man ihrem Kind antut. Deshalb ließen manche Eltern das Kind auch lieber bei den Nixen und behandelten statt dessen das untergeschobene Kind gut, weil sie wussten, dass es dem eigenen Kind dadurch gut geht.

Vom Plöckenstein, einem Berg im Dreiländereck Deutschland, Österreich und Tschechien, gibt es die Überlieferung, dass ein Vater, dessen Kind tot geboren oder ausgetauscht wurde, einem neu geborenen Kalb dem Kopf abschneiden soll, sich damit auf eine Brücke stellt und den Kalbskopf, rücklings ins Wasser werfen soll. Dann muss er ohne sich umzuschauen nach Hause gehen.[16]

Von diesen untergeschobenen Kindern gibt es auch den Glauben, dass sie sehr stark sein sollen.

Manchen Sagen nach bringen die Wassermänner aber auch die Kinder, beispielsweise in Schlesien, wo er Babys und neugeborene Tiere bringt. Die Hebamme soll von ihm die neu geborenen Kinder aus dem Brunnen erhalten, während sie Nixe aus einer Quelle holt. Auf Helgoland gibt es Legende, dass sich das Meerweib Schwangeren zeigt und ihnen auch bei der Geburt zur Seite steht. Statt der Wasserfrau ist es auch eine weiße Frau oder Maria.[17]


Die Tätigkeit der Wassermänner

Der Wassermann ist oft am Wasser zu finden. Er sitzt dort auf Steinen, auf den Bäumen, auf der Brücke oder am Fluss selbst. Die Sagen erzählen, dass Wassermänner beispielsweise die Schiffe, die auf der Salzach (Österreich) fahren, stromaufwärts ziehen, im Wesenberger See in Brandenburg treiben sie die Fische vor sich her. Aus Überlieferungen aus dem Osten wird erzählt, dass Wassermänner Geld zählen, sich Feuer für die Pfeife holen oder mitunter auch auf den Markt einkaufen gehen, während Wasserfrauen zu den Menschen kommen, um zu betteln.

Schon Martin Luther (1483 bis 1546) schreibt von der Nixe, dass sie sich in Österreich, Böhmen, Sachsen zur Mittagszeit, aber auch beim Wechsel der Gezeiten auf einem Felsen, auf Steinen oder auch am Ufer sitzend die Haare kämmt. Der Kamm, den sie dabei verwendet, ist einer mit sehr feinen Zähnen. Oft ist auch überliefert, dass sie sich die Haare flechtet statt kämmt.[18]

Mitunter sollen Wassermänner auch ihre Schuhe oder die Kleidung flicken, die aus zahlreichen Lappen zusammengesetzt ist. Statt des Nähens berichten Sagen auch von einem Zählen dieser Fleckchen. Wer den Wassermann dabei verspottet, wird dafür bestraft, in einer Sage soll sogar die Nixe die kleinen Buben ertränken. Letztendlich wird der Wassermann zu einem gelernten Schuhflicker, der für die Menschen die Schuhe flickt. Legenden berichten, dass die Menschen diese Schuhe sehr gerne trugen.[19]

Wasserfrauen waschen an Flüssen, Bächen, Teichen und Seen ihre Wäsche. Die Wäsche legen sie ans Ufer zum Trocknen und Bleichen. Sie sieht aus wie Spinnweben, weiß und fein. Kommen Menschen in ihre Nähe, verschwinden die Wasserfrauen im Wasser. Das Auslegen der Wäsche soll auf gutes oder schlechtes Wetter oder auf Hochwasser hindeuten. Dieses Wäschewaschen wurde dann in Erzählungen erweitert, beispielsweise dass die Nixen ihre Haare waschen oder sich die Wäsche von selbst wäscht.[20] Andere Überlieferungen wiederum besagen, dass Menschen ertranken, weil sie trotz Warnungen die Wäsche mitgenommen haben. Die Haupt-Waschzeiten sind zur Mittagszeit, in der Johannisnacht oder in der Weichnachtszeit. In Lupow, einer Stadt in Pommern, galt es als streng verboten, nach Sonnenuntergang die Wäsche zu waschen, da diese sonst von den Wasserfrauen mitgenommen wurde.  

Wassermänner sollen auch backen können[21]. Normalerweise wird das den Erd- oder Waldgeistern zugeschrieben, aber die Legende kommt auch bei Wassermännern vor. Demnach sollen Bauern, die am Ufer mähen oder pflügen ein Backgeräusch im Wasser hören oder sehen, wie sich das Wasser mit Rauch füllt. Sie rufen daraufhin „Wenn ihr einen Kuchen gebacken habt, so lasst uns auch etwas zukommen.“ Daraufhin erscheint ein Kuchen mit Bier. Der Wassermann stellt dann den Bauern die Bedingung den Kuchen zu essen, aber alles ganz zu lassen oder aber den Kuchen zu essen oder ihn zu zerschneiden. Und das Bier sollen sie trinken, ohne das Glas zu berühren. Die Bauern greifen zu einer List und essen das Innere des Kuchens, ohne das Äußere zu zerschneiden und trinken das Bier mit einem Strohhalm oder einem Schilfrohr. Der Wassermann verschwindet zornig.

Nixen sollen wunderschön singen können – und durch diesen Gesang werden junge Männer angelockt. Aber sie sollen auch Instrumente spielen können, wie Pfeifen oder Walzer. In Südböhmen gibt es einen Wassermann, der Kinder mit seinem Flötenspiel in den See lockt. Aus der Steiermark gibt es die Überlieferung, dass es am Nachmittag ein Gewitter geben soll, wenn die Jungfrauen in den Seen der Alpen singen. Und der Wassermann, der im Wildsee in Baden-Württemberg lebt, deutet mit seinem Spiel immer auf ein nahendes Unglück hin.[22]

Seltener ist in den deutschen Sagen vom Tanz der Nixen die Rede. Viel häufiger ist überliefert, dass die Nixen bei ihren Ausflügen zu den Menschen an bestimmte Zeiten gebunden sind – überschreiten sie diese, werden sie vom Wassermann bestraft. Ab und zu erscheinen die Wassernixen am Johannistag und tanzen. Viel öfter treten die Nixen jedoch als Helferinnen beim Spinnen in Erscheinung. Sie kommen und helfen, wollen aber dafür weder Essen noch Getränke und wollen auch nicht, dass sie von den Menschen nach ihrer Herkunft gefragt werden.[23]

Tauchen die Wassernixen aus dem schon erwähnten Wildsee bei Hochzeiten auf, sollen sie der Braut Glück und Segen bringen. Es gab daher den Brauch, dass die Bräute drei Tage vor der Hochzeit zum See gehen und die Nixen mit dem Ruf „Ich habe Hochzeit, komm’ zum Tanze“ einladen.

Andere Legenden berichten darüber, dass die jungen Männer die Wassernixen zum Ufer begleitet und von ihnen ins Wasser mitgenommen worden sind, indem die Jungfrauen mit einer Rute ins Wasser schlugen und sich so ein trockener Zugang öffnete. Unten angekommen wurden sie bewirtet und öfter in letzter Sekunde vor dem Wassermann gerettet, der das Christenblut riechen kann und sie deshalb bedroht. Sind sie wieder am Ufer angekommen, verwandelt sich alles, was sie von unten mitgenommen haben, in Gold.[24]


Wassermänner und ihre mitunter feindliche Beziehung zu den Menschen

Wassermänner ärgern die Menschen gerne. Und das kann mitunter auch böse ausgehen. So sollen sie Frauen durch ihren Zuruf „Häng dich auf“  dazu bringen, dass sie genau das tun. Auch ahmen sie mit Vorliebe Ertrinkende nach und lassen die Boote von Fischern auf einen Baum auflaufen. Sie steigen selbst in Fähren ein und lassen sich von Fährmännern übersetzen – dieser darf aber dabei weder sprechen, noch seinen Gast ansehen, sonst könnte er das mit dem Leben bezahlen. Mitunter soll der Wassermann als Hund, Kalb oder auch als alte Frau gesehen worden sein.

Will er die Menschen ärgern, springt er auf deren Rücken, verschwindet aber beim Ruf „Jesus Maria“ wieder.

Aus dem Osten wird immer wieder überliefert, dass der Wassermann mit vorbeikommenden Menschen kämpft. Ein Mann kämpfte drei Mal mit dem Nix, beim dritten Mal kostete es ihm das Leben. Eine andere Überlieferung erzählt, dass der Wassermann beim Kampf erfolglos seinen Fuß in den Boden gegraben hat, um etwas Wasser darin zu finden. Dann wäre es sein Sieg gewesen. Diese Wiesen sind an der Stelle bis heute ohne Wasser[25].

Der Wassermann spukt besonders gerne in Mühlen. Davon zeugen Überlieferungen aus dem Osten Deutschlands, aber auch aus Franken oder Schleswig-Holstein wird dies übermittelt. Meistens ärgert der Nix den Müller dadurch, in dem er in der Nacht Fische brät, Milch aus dem Stall holt, sich am Ofen wärmt, das Mühlrad abstellt oder es beschleunigt, bis er durch den Bären eines Bärenführers vertrieben wird.

Wassermänner ertränken Menschen gerne im Wasser, besonders Kinder. Wenn also früher Kinder ertrunken sind, hieß es oft, der Wassermann habe sie geholt[26]. Daher wurde der Wassermann auch gerne als Kinderschreck verwendet. In Sagen wurde auch der Nixe ein neugeborenes Kind versprochen. 

Der Wassermann soll die Menschen ins Wasser ziehen, wenn sie unvorsichtig sind und am Ufer schlafen (beispielsweise in Tiroler Sagen). Auch der Blick des Wassermanns soll dazu führen, dass die Menschen wie magisch von ihm angezogen ins Wasser gehen. In anderen Überlieferungen bedienen sich die Wassermänner Hilfsmittel, um die Menschen in ihr Reich zu bringen. So wickeln sie Schilf um die Füße der ahnungslos Badenden, die Leichname, die von einer Nixe ertränkt wurden, tauchen - in ein feines Netz gewickelt – wieder auf. Für die Kinder benutzen Wassermänner einen Haken oder einen unsichtbaren Haken, mitunter auch einen Pilgerstab[27].

In Brandenburg, der Lausitz, Böhmen und Schlesien verwendet der Wassermann bunte Bänder, Tücher, Wäsche, die er über dem Wasser, am Ufer, an Bäumen oder an der Brücke aushängt, sie verkauft, den Menschen zuwirft oder dort ausmisst und so die Neugier der Vorübergehenden erweckt. 

In einigen Sagen verkleidet sich der Wassermann als Hochzeitsführer und trägt einen Stab aus bunten Bändern oder stellt einen Maibaum mit bunten Schleifen auf. Oft streckt der Ertrunkene einen Arm aus dem Wasser, in dem er einen Stock mit bunten Bändern hält.      

Der Wassermann, der in der Donau lebt, auch Donaufürst genannt, erwürgt die Kinder mit einer Korallenkette, vom schlesischen Wassermann werden sie wiederum durch eine silberne Uhr angelockt. Auch die Nixen sind den Menschen mitunter feindlich gesinnt. Sie stellen Hausschuhe ans Ufer, um die jungen Mädchen damit in ihr wässriges Reich zu locken.

Aber auch durch Gesang oder Rufen ziehen sie die Menschen an. Oft wird durch dieses Rufen auch als Vorankündigung des nahenden Todes eines Menschen verkündet.

Seltener wird erwähnt, was der Wassermann dann mit seinen Opfern anstellt. Ab und zu heißt es, dass die Ertrunkenen von ihm gefressen werden oder er mit ihren Körpern die Fische füttert, sie am ganzen Körper zerkratzt. Dem Blutschink oder dem Brabanter Necker[28] wird nachgesagt, dass sie das Blut ihrer Opfer aussaugen[29].

So sollen auch Menschen, die dem Wassermann gerade noch entkommen konnten, als Zeichen dafür einen blauen Streifen am Hals tragen oder schwarze Male haben. Ein Mensch, dem der Wassermann auf den Rücken geschlagen hat, trägt als Zeichen dafür den Abdruck einer Männerhand, die einen besonders großen Daumen hat. Nach den tschechischen Sagen soll der Wassermann Menschen, die er fürs Ertrinken auserwählt hat, mit einem roten Bändchen kennzeichnen, wenn sie ihm entwischten. Diese Menschen ertrinken dann von selbst.  

In Böhmen, Schlesien, Niederösterreich, Tirol aber auch Franken hebt der Wassermann die Seelen der Ertrunkenen in umgestürzten Töpfen, Gläsern oder Flaschen auf, die er in seinem Palast oder seiner Stube aufbewahrt. Oft gibt es auch Sagen, in denen meistens ein Mädchen als Dienerin zum Wassermann kommt und die gefangenen Seelen befreit. Die befreiten Seelen verwandeln sich oft in weiße Tauben.

In Sagen aus Tirol und Tschechien werden die Seelen von den Wassernixen bewacht, die sie auch ab und zu vor dem Wassermann verteidigen, wenn er eine frei geben möchte.

Nach einer Sage aus dem Böhmerwald haben die ertrunkenen Jungen die Aufgabe, die Wohnung des Wassermanns zu kehren und auch die großen Kessel zu heizen, in denen die Seelen der verdammten Menschen kochen. Eine Sage aus Schlesien berichtet, dass der Wassermann die Seelen der Ertrunken mit Eis überzieht und sie in seinem Haus hält. Eine Legende aus Kärnten berichtet wiederum, dass die verdammten Seelen unter der Erde arbeiten müssen, um das Wasser hinauf zu pumpen.

Das Ziel des Wassermanns ist, am Jüngsten Tag genau so viele Seelen zu besitzen wie Gott.

Vielfach wird jedoch berichtet, dass Ertrunkene wieder auftauchen und doch keine Ruhe finden. Sie spuken als Geister am Wasser umher, auch tun dies nicht Ertrunkene gerne. Eine Sage aus Brandenburg berichtet darüber, dass Ertrunkene früher immer am Strand beerdigt wurden. Auch sollen die Geister der so Verstorbenen auch gerne die Schifffahrt stören[30]. Auch Selbstmörder oder Mütter, die ihr Kind im Wasser ertränkt haben, spuken als Geister. Allgemein sind die Seelen Ertrunkener ans Wasser gebunden. So erzählt eine Sage vom Ziereiner See im Salzburger Land, dass dort viele Seelen als Fische herumschwimmen und erst dann erlöst sind, wenn der See austrocknet. Darüber hinaus sollen die Menschen, wenn genau das eintritt, auf den Grund des Sees ins Berginnere kommen und dort viele Schätzen finden. In den Rachelsee in Bayern darf man keine Steine werfen, da sonst die Ruhe der verstorbenen Seelen gestört wird. Dort leben die Seelen, die im Grab keine Ruhe finden. Bauern, die eine schlechte Tat begangen haben, werden in den Tiroler Pillersee verbannt. Im selben See soll auch Pontius Pilatus leben, der jedes Jahr in der Karwoche unter entsetzlichen Schmerzen leidet. Er soll dabei wie ein Stier brüllen. Bekannter ist jedoch, dass er in dem nach ihm benannten Schweizer See sein Unwesen treiben soll[31].

Aus vielen Legenden ist bekannt, dass Flüsse, Seen und Teiche jedes Jahr ihre Opfer fordern. Und nicht immer ist es ein Wassermann oder eine Wasserfrau, der diese Opfer verlangt. Der Mensch muss einigen Mythen nach nur alle sieben Jahre geopfert werden, andere Überlieferungen sprechen von drei Opfern pro Jahr. So soll man in den Lausitzer See drei Mal gehen können, ohne zu ertrinken, beim vierten Mal kostet es jedoch das Leben.

Als gefährlichste Zeit, um zu ertrinken, wird vielfach der Johannistag genannt, aber auch Walpurgis, Christi Himmelfahrt, Pfingsten, das Dreieinigkeitsfest (Trinitatis), der erste Tag in der Woche nach der Pfingstwoche, Peter und Paul (29. Juni), Prokopi (4. Juli), Jakobi (25. Juli), der schwarze Sonntag (30. September), der Totensonntag (Sonntag vor dem 1. Advent), die Andreasnacht (30. November), sowie der Freitag, an denen laut der Sagen die Tore zum unterirdischen Reich des Wassermanns offen stehen oder auch die Mittagszeit gelten als gefährliche Zeiten. An diesen Tagen und Zeiten soll sich der Mensch vom Wasser fern halten, auch nicht über Brücken gehen. Es ist auch überliefert, dass sich der Wassermann an bestimmten Stellen aufhält – wer diese betritt, ertrinkt. Für das vom Schicksal auserwählte Opfer gibt es kein Entkommen vor seinem Schicksal – und wenn er auch nur bis zu den Knien im Wasser steht. So berichten Erzählungen, dass ein Mensch, der gerade noch davor zurück gehalten werden konnte, sich ins Wasser zu stürzen, gleich darauf durch einen Schluck Bier, Wasser oder Wein ertrank[32].

Besonders Kinder, die im Sternzeichen des Wassermanns geboren sind, sind durch den Wassermann gefährdet. Die Mutter kann jedoch drohende Gefahr abwenden, indem sie vor der Taufe eine Münze oder ein getragenes Kleid des Kindes ins fließende Wasser wirft. Der Wassermann ruft angeblich auch dreimal den Namen seines Opfers oder eine Stimme aus dem Wasser ruft ihn. Auch weisen Klagen des Wassermanns, das Singen der Nixen, Lachen, Händeklatschen auf den bevorstehenden Tod eines Menschen hin. Auch wer den Wassermann sieht, muss angeblich nach drei Tagen ertrinken.[33]


Was passiert, wenn der Wassermann gekränkt wird?

Wenn der Wassermann Menschen ertränkt, so haben sie sich das laut vielen Sagen selbst zuzuschreiben. Denn schließlich haben sie ihn gekränkt und verspottet. Beispielsweise ist er ungerechtfertigt beschuldigt worden, die Wäsche verschmutzt zu haben.

Darüber hinaus gibt es aber auch einige Handlungen, die der Wassermann gar nicht leiden kann. So erbosen ihn die Menschen durch das Überschwimmen seiner Reiche, also der Seen und Gewässer. Es gibt mehrere Überlieferungen, nach denen Menschen, die wetteten, ein bestimmtes Gewässer dreimal oder 100 Mal überschwimmen zu können, beim dritten oder 100. Mal dem Wassermann zum Opfer fielen. Eine Sage vom Oberblegisee beim Kanton Glarus in der Schweiz erzählt, dass der Hirte, der ihn durchschwimmen wollte, seinen Kopf verlor, weil ihm dieser vom Wassermann abgebissen wurde. Diesen fand dann die Mutter, die auch im See schwamm.

Auch verhindert der Wassermann, dass man die Tiefe eines Gewässers misst. So sollen jenen, die dies versucht haben, eine Stimme mit den Worten „Ergündst du mich, so schlünd ich dich“ davor gewarnt haben. Allerdings fehlt meistens ein Hinweis darauf, welche Stimme das war. Nur eine Sage aus dem Elsässer Münstertal erzählt, dass es eine Wassernixe gewesen sein soll. Sonst heißt es meistens, dass es die Stimme eines Geistes war, eines unglücklichen Ertrunkenen, der auf dem Meeresboden lebt.

Und dennoch haben es einige probiert – und sind kläglich daran gescheitert. So soll statt dem an den Strick befestigten Wagenteil eine Pferdekopf zum Vorschein gekommen sein, in anderen Fällen auch ein Tuch mit einer goldenen Inschrift, deren Entzifferung allerdings nicht möglich war.


Das Werfen von Steinen

Dies soll – laut einigen Sagen – fürchterliche Gewitter hervorrufen, die sogar das Land überschwemmen.[34]

Die Nixen vom Mummelsee,
Gemälde in der Trinkhalle Baden-Baden 1840er Jahre

  

Dies wird von vielen Seen überliefert, einige gibt es jedoch vom Pilatussee, der im Kanton Luzern in der Schweiz zu finden ist und vom Mummelsee, im baden-württembergischen Schwarzwald. Auch soll ein weißer Steinhagel in einem schweren Platzregen enden. Angeblich sollen Wassermänner Menschen ertränken, weil sie mit Steinen nach ihnen geworfen haben. Darüber gibt es eine Tiroler Sage, nach der der Wassermann zuerst den frechen Menschen warnt, ihn verfolgt und ihn schließlich auch erwischt und unter Wasser zieht.

Die Wassermänner, die im Mummelsee leben, sollen alle hineingeworfenen Steine wieder an Land tragen.  


Wie ruft man Wassermänner?

Die Legenden besagen, dass ein Mensch einen Wassermann auch herausfordern kann. Dazu muss man ihn drei Mal bei seinem Namen rufen. Das funktioniert zum Beispiel beim Vierwaldstättersee bei Waldstätten in der Zentralschweiz. Hat man den Wassermann gerufen, muss man jedoch so schnell wie möglich davon laufen.

Einigen Überlieferungen nach überlebt Derjenige, der einen Wassermann herausfordert, das Jahr nicht.

Ein Unwetter gibt es am Pilatussee, wenn man den Wassermann ruft. Auch in den Niederlanden werden die Wassermänner gerufen – allerdings in Reimform.


Was passiert, wenn man einen Wassermann verletzt?  

Eine Legende erzählt davon, dass ein Metzger einem Wassermann oder einer Wasserfrau, die ein Stück Fleisch haben wollten, die Hand abgehackt hat, mit der sie auf eben dieses deuteten[35]. Der Täter muss bald darauf ertrinken, was normalerweise in einer kleinen Lache geschieht. Auch das Geld, mit dem die Wassergeister die Ware bezahlen, hat seine Tücken: So soll es alt sein, aus durchlöcherten Groschen bestehen. Und ab und zu verwandelt es sich in Fischschuppen.

Aus Kärnten stammt einer Sage, nach der eine Familie einem Wassermann, der nach Essen gebettelt hat, heiße Nudeln gegeben hat, an denen er sich Mund und Finger verbrannt hat.


Gibt es auch freundliche Wassermänner?  

Meistens spielen Wassermänner den Menschen übel mit. Es gibt einige wenige Sagen, die davon berichten, dass ein Wassermann einem Menschen geholfen hat. Wohl aber gibt es einige wenige Legenden: Beispielsweise eine aus Schwaben, nach der ein Wassermann einem armen Bauern den Samen für seine Ernte leiht – unter der Bedingung, dass er das Geliehene auch wieder zurück gibt. Dieser macht natürlich damit eine reiche Ernte.

Andere wenige Sagen berichten darüber, dass der Wassermann im Haushalt hilft – beispielsweise wäscht, die Kinder hütet, bäckt oder die Tiere füttert.[36] Der Neck verschwindet wieder, wenn man ihm sein Essen nicht vorsetzt oder die Milch mit Knoblauch statt mit Zucker „versüßt“.


Wassermänner, die Menschen heilen  

Auch so etwas gibt es – obwohl der Wassermann an der Heilung eines Menschen allerdings nicht aktiv beteiligt ist. Doch laut den Überlieferungen kann einen Menschen ein Wasser, in dem sich der Wassermann aufhält, auch gesund machen. So gibt es in Böhmen das Heidebrünnlein, dessen Heilkraft sich auf den Wassermann oder auf die Wasserfrau zurückführen lässt. In Tirol sollen wiederum die Wassernixen dafür verantwortlich sein, dass bestimmte Heilkräuter in der Umgebung ihrer Quellen, Flüsse und Seen eine heilende Wirkung besitzen.[37] 

Heinrich IV. legt einem Kranken die Hand auf. (Pierre Firens, 1609)

   Von der Nixe erbaten sich die Menschen, dass das Wasser gegen die Skrofulose helfen solle, eine heute nur noch selten auftretende Krankheit, die vor allem Kinder befiel. Die Kinder litten unter einer chronischen Entzündung, die sich an Augenlidern, Nasenschleimhäute oder an den Halslymphknoten bemerkbar machte. Ab dem Mittelalter bezeichnete man mit der Skrofulose alle Arten von Krankheiten, darunter fielen auch Hals- und Geschlechtskrankheiten. Um das 13. Jahrhundert herum herrschte in Frankreich und England der Glaube, dass der rechtmäßige König die Skrofeln auch durch Handauflegen heilen könne. Es wurde ein Heilungsritual initiiert, das während der Krönungsriten wurde. Zeitweise legte der König beinahe täglich einem Kranken die Hände auf, die von weit entfernt anreisten.  

Zurück zu den Wassermännern: Vom Wassermann erbat sich ein Kranker mit einem Spruch Hilfe gegen die Gicht. Danach trinkt er von dem Wasser, das entweder stromabwärts oder gegen den Strom dem Fluss entnommen wurde.

Doch die Nixen und Wassermänner waren nicht nur hilfreich: Sieht man zum Beispiel die Nixen im Tribächli des Schweizer Kantons Aargau sieht, bekommt man einen Ausschlag. Und von den Brunnennixen wurde gesagt, dass sie Fieber hervorrufen können.[38]


Wassermänner können auch die Zukunft vorhersagen  

Früher glaubte man, dass Wassermänner auch das Wetter vorhersagen könnten. So ist von einem See in Pommern überliefert, dass dort jedes Mal, bevor ein Sturm herauf zog, ein König mit einer Feuerkrone auf dem Kopf, einer flammenden Rüstung und einem glühenden Schwert in einem Boot über den See fuhr. Aus der Steiermark wiederum gibt es die Legende, dass der Gesang der Wassernixen das Zeichen für ein Gewitter war.

Erscheint wiederum der Wassermann, deutet das auf einen Wolkenbruch hin.

Trocknen die Wassernixen ihre Wäsche, wird sich das Wetter ändern.

Eine andere Legende über den Wassermann kommt aus der Lausitz: Kommt der Wassermann auf den Wochenmarkt, um Getreide zu kaufen und er bezahlt viel Geld dafür, dann stehen teure Zeiten ins Haus. Verkauft er das Getreide aber selbst und dieses ist billig, so fallen die Preise. Dasselbe wird über die Wasserfrau und die Butter erzählt.

Aus Freiburg gibt es eine Legende, nach der ein die Zukunft alljährlich in der Neujahrsnacht von einem kleinen Mann vorhergesagt wird, der auf dem Geisbrunnen am Schlossberg steht. Wenn er drei Ähren in seinen Händen hält, wird das Jahr gut, hat er hingegen nichts in der Hand und schaut traurig, stehen den Einwohnern schlechte Zeiten ins Haus[39].

Aus den Niederlanden kommt die Legende, dass eine Nixe Fischern mit ihrem Gesang auf einen Walfisch hindeutete. Auch gibt es die Sage von einer Wahrsagerin im niederländischen Ypern, eine Stadt in Westflandern, die vor ihren Prophezeiungen immer den Wassermann anrief. Dann drehte sie sich dreimal im Kreis und wusste bei allen Fragen Bescheid.

Auch das Ende der katholischen Religion und der Eucharistie wurde vorher gesagt – und zwar von Meernixen, die einem Brunnen in Jaxthausen bei Heilbronn entstiegen. Im Übrigen finden auf der Burg Jaxthausen alljährlich die „Götz von Berlichingen“-Festspiele statt.[40]

Erscheint ein Wassermann als Tier, beispielsweise als Hirsch, bedeutet das den Tod des Landesherrn noch im selben Jahr. Als der Germanenkönig Ariovist in den Jahren 58 bis 50 vor Christus seinen Kampf gegen Julius Cäsar führte, holte er dazu den Rat von heiligen Frauen ein, die ihm, allein durch das Ansehen der Flusswellen die Zukunft vorher gesagt haben. Das schreibt Plutarch in seiner Cäsar-Biografie.

Der oströmische Dichter und Historiker Agathias (geb. 536 in Myrina in Kleinasien, gest. 582 in Konstantinopel) schreibt von einem Opfer der fränkischen Bevölkerung an den Po, die wohl deshalb getätigt wurden, um die Wassermänner friedlich zu stimmen. Diese Opfer wurden im Jahr 731 n. Chr. von Papst Gregor III. für die germanischen Provinzen verboten.

Die Rheintöchter warnen Hagen
Gemälde von Johann Heinrich Füssli (1741-1825), Kunsthalle Zürich

   Die Nixen kommen auch in der Nibelungensage vor – und zwar in Form der drei Rheintöchter. Hagen befragt drei Meerfrauen, die in einer Quelle baden, über sein Schicksal. Er nimmt ihnen die Kleider weg, um die Wahrheit zu erpressen. Zuerst erzählen sie ihm eine Lüge. Als er ihnen die Kleider aber wieder gibt, sagen sie Hagen, dass nur der Kaplan die Reise zu Hunnenkönig Etzels Hof überleben wird. Um diese Weissagung zu verhindern, wirft Hagen den Kaplan auf der Überfahrt ins Meer. Der kann jedoch an Land schwimmen und erfüllt somit die Prophezeiung.[41]  

Opfer an die Wassermänner

Um Wassermänner friedlich zu stimmen und Unheil vorzubeugen, wurde dem Gewässer oder dem Wassermann geopfert. Die Legenden sprechen hier von Opfern in Form von Steinen, Speisen, Kleidern, Münzen und auch Tieren, die stellvertretend für Menschenopfer standen. Manche Überlieferungen kennen aber auch Menschenopfer. Die Opfer in Form von Blumen an Wassermänner wurden später den Heiligen dargebracht.

Über Menschenopfer berichtet Prokopios von Caesaria (500 bis 562), ein antiker Historiker, dass die Franken während des Gotenkriegs (535 bis 552 n. Chr.) die Leichname gotischer Frauen und Kinder als Opfer in den Po geworfen haben.

Nach den Historien von Agathias, ein oströmischer Dichter und Historiker (geb. 536 in Myrina bei Kleinasien, gest. 582 in Konstantinopel),  haben die früheren Germanen Flüsse, Pferde und Stiere geopfert, die sie davor enthaupteten.

Aus Salzburg stammt der Aberglaube, dass Jeder, der am Krimmler Wasserfall vorbei geht, einen Stein hinein werfen muss, um die Wassermänner und Nixen gewogen zu stimmen.

In Sachsen-Anhalt gibt es den Fluss Bode, ein Nebenfluss der Saale. In diesen Fluss warfen die Leute einmal pro Jahr einen schwarzen Hahn, ein Huhn, einen Hund oder eine Katze. Taten sie das nicht, ertrank jemand.

Im baden-württembergischen Vaihingen an der Enz und in Mittelstadt an der Neckar musste den beiden Flüsse Neckar und Enz jedes Jahr an Christi Himmelfahrt ein Bienenkorb, ein Schaf, ein Brotlaib und ein Mensch geopfert werden.

Und auch die Heiligen verlangten später Tieropfer: So mussten dem Heiligen Johannes an seinem Tag drei weiße Hennen unter einer ihm geweihten Eiche geopfert werden. Tat man dies nicht, blieb er unversöhnt.

In Oberösterreich opferten die Müller am Tag des Heiligen St. Nikolaus alte Kleider oder Essen, um das ganze Jahr über von den Wassermännern in Frieden gelassen zu werden.

Es gibt auch Überlieferungen, die darüber berichten, dass solche Opfer weniger gut ausgingen: Ein Bauer aus Mähren wurde vom Wassermann verschont. Als Dank dafür sollte er ihm jedes Monat ein schwarz-weiß geflecktes Kalb opfern. Beim dritten Mal bemalte der Bauer ein weißes Kalb mit schwarzer Farbe. Der Wassermann bemerkte dies natürlich sofort und holte den Bauern.

Der Wassermann, der im brandenburgischen Koboldsee lebt, will von Menschen, die an seinem See vorbei gehen, ein schwarzes Huhn und ein Brot haben.

Um zu verhindern, dass jemand stirbt, hat man früher auch Schweine, schwarzen Tauben und Brote in Mühlgräben geworfen. Es gab auch den Aberglauben, dass man, wenn die Räder der Mühle pfiffen, den Rand eines Brotes hinein werfen musste. Wenn das Pfeifen dann immer da war, musste man etwas Lebendes, wie ein Huhn, eine Taube oder ein Ferkel opfern.

Den Wassermännern wurden aber auch Menschen geopfert: So wollte ein See auf Rügen jedes Jahr eine Jungfrau haben. Eine weitere Sage erzählt vom See in den Vogesen im Elsass/Frankreich, dem gegen eine Seuche ab und zu ein kleiner Junge geopfert wurde. Gibt man dem Wassermann sein versprochenes Menschenopfer nicht, so holt er sich eines.

Menschenopfer wurden auch dazu benutzt, um Dämme oder andere Wasserbauten stabil zu halten. So wurde in einen Wehr der Unstrut, die ein Nebenfluss der Saale im Thüringer Becken ist, ein Säugling mit eingemauert. Damit in Friesland ein Deich hält, wurde einst ein Kind mit eingesenkt.

Auch Überschwemmungen wurden durch Menschenopfer verhindert: In Pommern, einer Region in Nordosten Deutschlands und Nordwesten Polens, überschwemmten die Brunnen so lange das Land, bis die Menschen einen schwarzen Bullen, ein schwarzes Kalb und ein Kind opferten. In einen anderen Brunnen in West-Friesland musste das Blut eines dreijährigen Kindes ins Wasser gemischt werden.

Aber auch Beten half gegen Überschwemmungen und gegen Tod: So hatten es sich die Bewohner, die in der Nähe des Pulvermaar in der Eifel in Rheinland-Pfalz lebten, zur Angewohnheit gemacht, einmal pro Jahr singend und betend um den See zu ziehen. Als sie das in einem Jahr ausließen, tobte der See – und zwar so lange, bis ein Schäfer, der in der Nähe seine Schafe weidete, mit seinem Stab betend und singend den See umkreiste. Danach war wieder Ruhe.

Im Jahr 1641 wütete der Blautopf, eine Karstquelle bei Blaubeuren in der Schwäbischen Alb (Baden-Württemberg). Daraufhin sandten die Einwohner eine Prozession aus, die zwei vergoldete Becher hinein warf, um die Nixen zu besänftigen. In den Walchensee, Ammersee und den See am Dreisesselberg (Bayern), wurden zu eben diesem Zweck Goldringe geworfen.[42] 


Können Wassermänner fern gehalten werden?

Ja, das können sie. Nur wie man das anstellen soll, darüber gibt es verschiedene Auffassungen: So soll man zweimal am Tag aufgebackenes Brot essen oder auch nüchtern eine Scheibe aufgebackenes Brot essen. Nach einer anderen Überlieferung muss das Brot nicht aufgebacken, sondern statt dessen geweiht sein. Oder man isst einfach nur zweimal am Tag Brot oder Zwieback. Gegen den Wassermann helfen soll auch, wenn man in neun Häusern gebackenes Brot isst oder neunmal geweihtes Johannisbrot ins Gewand näht. Aber auch etwas Mehlteig oder geweihtes Brot, das man in den Taschen bei sich trägt, soll den Wassermann fern halten.

Auch der weiße Andorn und Oregano (altertümlich Dorant und Dosten) mag der Wassermann an einem Menschen nicht riechen.

Wächst der Majoran im Garten, so kann der Wassermann die frischgebackene Mutter nicht fort schleppen. Aus Friaul, einer Landschaft im Nordosten Italiens, kommt der Aberglaube, dass derjenige vom Wassermann verschont bleibt, der ein Edelweiß an der Brust trägt.

In Tschechien entwickelte man eine List, um den Wassermann zu fangen: Die Tschechen warfen ein rotes Band ins Wasser. Der von Natur aus neugierige Wassermann kam angeschwommen, um sich dieses Band genauer anzusehen. Als er dann zugriff, verwickelte er sich darin. Jetzt nahmen die Tschechen ein Halfter, um das geweihte Erlenrinde gewunden war und konnten so den in ein Pferd verwandelten Wassermann bezwingen. Statt der Erlenrinde wurde auch ein geweihter Strick verwendet.

In Schlesien wurde der Wassermann laut Überlieferung durch Ohrfeigen mit der linken Hand fort gejagt. Eine andere Methode war, mit der linken Hand ein Musikinstrument zu spielen und Kreuze zu schlagen.

Wurde man von ihm verfolgt, konnte man sich retten, wenn man über Bahngeleise sprang.

Auch Christliches spielte bei der Abwehr von Wassermännern eine große Rolle: So ist aus Schlesien bekannt, dass man, einen Kreuzknoten in seine Peitsche knoten und vor und auch hinter seinem Wagen ein Kreuz in die Luft „malen“ muss. Um vom Wassermann beim Baden nicht erwischt zu werden, muss man ein oder drei Kreuze machen. Auch ein Gebet oder ein einfaches „Jesu Maria“ soll ausreichen, um von ihm nicht geholt zu werden. Durch die Zeichen „C+M+B“, also „Christus mansionem benedicat“ wird auch das Haus vor dem Wassermann geschützt.

Der Wassermann mag auch kein Weihwasser, denn das verbrennt seine Haut. Sieht er einen Rosenkranz, sucht er das Weite. Töten kann man ihn durch einen am Palmsonntag geweihten Zweig vom deutschen Pistazienbaum (Pimpernussbaum). Wer am Johannistag den gesegneten Wein getrunken hat, dem kann der Wassermann nichts anhaben.


Wie fängt man einen Wassermann?

Wassermänner kann man der Legende nach fangen, indem man ihnen etwas zum essen und zum trinken hinstellt und den betrunkenen Neck dann in ein Gewand, das man zuvor mit Harz bestrichen hatte und Stiefel, die mit Pech überzogen waren, hineinsteigen ließ.

Stieg eine Wassernixe aus dem Wasser, konnte man sie mit einem geweihten Rosenkranz fangen, während man dem Wassermann einen Baststrick mit drei Knoten oder einen Strick, in den eine Schlinge gemacht war oder einen Strohhalm, in dem drei Knoten waren, die der „Fänger“ mit der linken Hand geknüpft hatte, überwarf.

Den Wassermann soll man nicht wieder frei lassen, ohne ihm ein Geheimnis zu entlocken. So soll ein Wassermann den Steirern den Erzberg geschenkt haben. Dazu passt auch die skandinavische Überlieferung vom Wassermann Marmenill. Der Wassermann gibt sich in der Gefangenschaft sehr schweigsam. Erst, als der König seinen Hund schlägt, lacht er laut auf und gesteht, dass ihn dieser Hund in der Zukunft das Leben retten wird. Als ihm der König verspricht, ihn wieder ins Wasser zurück zu lassen, verrät er die ganze Zukunft.

Tschechische Legenden berichten darüber, dass der Wassermann getötet werden kann, wenn er sich im Sonnenschein nach dem Regen am Ufer wärmt, da er in diesem Moment keine Kräfte besitzt. Allerdings erhält er diese Kraft blitzschnell wieder, wenn die Frösche zu quaken beginnen. Dem Glauben nach hat der Wassermann am Land auch überhaupt keine Kräfte, während ihn sein Element, das Wasser, unglaublich stark macht. Daher kommt auch die Überlieferung, dass ein Wassermann, der in Gefangenschaft ist, sofort verschwindet, wenn man ihm Wasser zu trinken gibt.[43]


Wassermänner in Theaterstücken

Dass Wassermänner und Wassernixen später in Opern und Theater vorkamen, hat vermutlich seinen Ursprung in den szenischen Darstellungen der Landbevölkerung. So verkleideten sich junge Männer im Mansfelder Land oder an der Saale in Sachsen-Anhalt mit grüner Kleidung und langen Haaren und spielten Szenen nach.

Es gab in Deutschland auch das Kinderspiel „Nix in der Grube“. Hier werden der „Wassermann“ oder die „Wasserfrau“ in einer Grube oder in einem Kreis, den die Kinder mit Wasser gelegt hatten, gefangen gehalten und von den übrigen Kindern, die rundherum stehen, verspottet. Die „Wasserwesen“ versuchen dann, eines der Kinder zu holen.


Übereinstimmung der Legenden mit denen über andere Wesenheiten  

Viele dieser folkloristischen Legenden, die über die Wassermänner erzählt wird, kommen tatsächlich aus der Vermischung mit anderen Sagen. So deuten die Hilfsdienste, die die Wassermänner im Haushalt verrichten sollen, wie auch das grüne Gewand und die rote Kappe auf Erzählungen über die Heinzelmännchen hin.[44] Auch die Erzählungen über die Wechselbälger, also die falschen Kinder, wird sowohl den Wassermännern als auch den Zwergen angedichtet. Auch sollen die Wassernixen des öfteren mit den „Weißen Frauen“ in Verbindung gebracht worden sein. Weiße Frauen treten immer dann auf, wenn ein Unglück kurz bevor steht. Sie warnen die Menschen.

Darüber hinaus heißt es, dass die Nixen in der Saale eigentlich verzauberte Menschen sein sollen, denen statt dessen der Wassermann einen Wechselbalg hinterlassen hat.


Entstehung der Sagen

Das Interessante bei den überlieferten Sagen ist, dass die Fülle der Geschichten von Osten nach Westen hin abnimmt. So sind aus Polen und Tschechien mehr Legenden überliefert, von rheinischen Gebieten die wenigsten. Deutsche, skandinavische und slawische Geschichten über Wassermänner passen weitgehend zusammen. Auch in der Antike zeigen sich weitgehende Übereinstimmung in der Auffassung über Wassermänner und Nixen.

Selbst die Vulgata, der lateinische Bibeltext, der seit der Spätantike die bis dahin älteren Übersetzungen der Bibel ablöste, und auch der Physiologus, ein frühchristliches Kompendium der Tiersymbolik das im 2. Jahrhundert in Alexandria entstanden ist, erwähnen die Sirenen. Darüber hinaus haben sich die Nixen an Schiffen, Uhrengehäusen oder Wetterfahnen bis heute gehalten. Zahlreiche Skulpturen oder Brunnen von Wassermännern und Nixen beweisen noch heute eine lebendige Symbolik.

Warum diese zahlreichen Legenden in einem so großen Umfang entstehen konnten, liegt vor allem an der Bedeutung des Wassers für die Menschen: Es war einst nicht nur der wichtigste Transportweg, sondern bot den Menschen auch Nahrung. Die Mythen entstanden, weil der Mensch nach Erklärungen suchte, warum zum Beispiel jemand im Wasser ertrank. Das Christentum spielte bei der Bildung von Mythen eine geringe Rolle, wohl aber gibt es verschiedene Abwehrzeremonien, die auf dem christlichem Glauben basieren.[45]


 

[1] Wassergeister. Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, S. 25745 (vgl. HWA Bd. 9, S. 128)

[2] ebda S. 25746 (vgl. HWA Bd. 9, S. 128)

[3] ebda. S. 25749 (vgl. HWA Bd. 9, S. 130)

[4] ebda. S. 25750 (vgl. HWA Bd. 9, S. 131

[5] ebda. S. 25751(vgl. HWA Bd. 9, S. 132)

[6] ebda. S. 25752 (vgl. HWA Bd. 9, S. 132)

[7] ebda S. 25755 (vgl. HWA Bd. 9, S. 134)

[8] ebda. S. 25756 (vgl. HWA Bd. 9, S. 135

[9] ebda. S. 25770 (vgl. HWA Bd. 9, S. 143)

[10] ebda S. 25772 (vgl. HWA Bd. 9, S. 144-145)

[11] ebda S. 25773 (vgl. HWA Bd. 9, S. 145)

[12] S. 25774 (vgl. HWA Bd. 9, S. 146)

[13] ebda.  S. 25775, (vgl. HWA Bd. 9, S. 147)

[14] ebda. S. 25776 (vgl. HWA Bd. 9, S. 147)

[15] ebda. S. 25777(vgl. HWA Bd. 9, S. 148)

[16] ebda. S. 25778 (vgl. HWA Bd. 9, S. 149)

[17] ebda. S. 25779 (vgl. HWA Bd. 9, S. 149)

[18] ebda. S. 25784 (vgl. HWA Bd. 9, S. 152)

[19] ebda. S. 25785 (vgl. HWA Bd. 9, S. 153

[20] ebda. S. 25786 (vgl. HWA Bd. 9, S. 154)

[21] ebda S. 25787 (vgl. HWA Bd. 9, S. 155)

[22] ebda.  S. 25789 (vgl. HWA Bd. 9, S. 156)

[23] ebda. S. 25790 (vgl. HWA Bd. 9, S. 156)

[24] ebda.  S. 25791 (vgl. HWA Bd. 9, S. 157)

[25] ebda. S. 25795 (vgl. HWA Bd. 9, S. 159)

[26] ebda. S. 25796 (vgl. HWA Bd. 9, S. 160-161)

[27] eba. S. 25797(vgl. HWA Bd. 9, S. 161

[28] ein historisches Gebiet, das aus den belgischen Provinzen Antwerpen und Brabant sowie dem im Süden der Niederlande gelegenen Provinz Nordbrabant bestand.

[29] Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, S. 25798 (vgl. HWA Bd. 9, S. 162)

[30] ebda. S. 25802 (vgl. HWA Bd. 9, S. 163-164)

[31] eba. S. 25802 (vgl. HWA Bd. 9, S. 164)

[32] ebda. S. 25805 (vgl. HWA Bd. 9, S. 166-167)

[33] ebda. S. 25810, (vgl. HWA Bd. 9, S. 169-170)

[34] ebda S. 25812 (vgl. HWA Bd. 9, S. 170.171)

[35] ebda S. 25814 (vgl. HWA Bd. 9, S. 172)

[36] ebda. S. 25817  (vgl. HWA Bd. 9, S. 174)

[37] ebda S. 25818 (vgl. HWA Bd. 9, S. 174-175)

[38] ebda. S. 25819 (vgl. HWA Bd. 9, S. 175)

[39] ebda S. 25821 (vgl. HWA Bd. 9, S. 176-177)

[40] ebda. S. 25822 (vgl. HWA Bd. 9, S. 177)

[41] ebda. S. 25823 (vgl. HWA Bd. 9, S. 177-178)

[42] ebda. S. 25828 (vgl. HWA Bd. 9, S. 181)

[43] ebda. S. 25832 (vgl. HWA Bd. 9, S. 183-184)

[44] ebda. S. 25835 (vgl. HWA Bd. 9, S. 185-186)

[45] ebda. S. 25841 (vgl. HWA Bd. 9, S. 189-190)